Kommentar |
Der jüdische Philosoph und Theologe Philon von Alexandria ist vielleicht der bekannteste und einflussreichste Denker des sogenannten hellenistischen Judentums, denn sein Denken lässt sich durch einen beständigen Versuch charakterisieren, die griechische Philosophie mit der jüdischen Theologie in Einklang zu bringen.
In diesem Kurs werden wir uns mit einem Werk Philons – und zwar mit De opificio mundi – auseinandersetzen, das Philons harmonisierenden Ansatz am deutlichsten veranschaulicht. Denn De opificio mundi gehört zu der zusammenhängenden Reihe von Schriften, die eine systematische Darstellung des Mosaischen Nomos zum Gegenstand haben. Dieser zerfällt nach Philon in drei Teile: den Weltschöpfungsbericht, einen historischen und einen gesetzgeberischen Teil. Dieser Dreiteilung entsprechend besteht auch Philons Werk nach dem Plan, den er wiederholt angibt, aus drei Hauptteilen: über die Weltschöpfung, über das Leben der Patriarchen, über die Gesetze. Im letzten und umfangreichsten Teil behandelt er zuerst den Dekalog, der die allgemeinen Grundlagen der Gesetze enthält, dann in mehreren Büchern die Spezialgesetze.
Den Bericht von der Weltschöpfung hat Moses nach der Meinung Philos absichtlich den Gesetzen selbst vorangeschickt, um zu zeigen, dass Gesetz und Welt in vollem Einklang miteinander stehen und dass der gesetzestreue Mensch zugleich der wahre Weltbürger ist, da er nach dem Gesetz der Natur lebt, durch das auch die Welt regiert wird; Moses will damit gewissermaßen auf seine Gesetzgebung vorbereiten. Philo erläutert nun in diesem Buch den biblischen Weltschöpfungsbericht mit Hilfe platonischer, stoischer und pythagoreischer Lehren, aber so, dass er die Physik mit der Theologie, die Kosmologie mit seiner Lehre von Gott und dem Logos eng verknüpft. Seine Theorie der Weltschöpfung oder richtiger Weltbildung lehnt sich im wesentlichen an Platos Timaeus an. Die Schrift zerfällt in zwei Teile: im ersten Teil (bis § 133) wird das Sechstagewerk (Hexaemeron) nach 1 Mos. Kap. 1 behandelt. Im zweiten Teil (§ 134-172) wird die Schöpfung und der Sündenfall des ersten Menschen nach 1 Mos. Kap. 2 und 3 ethisch und allegorisch (psychologisch) erläutert.
Im Kurs werden wir versuchen, Philons De opificio mundi ideengeschichtlich zu betrachten und die Frage zu erörtern, inwiefern aus Philons harmonisierenden Ansatz ein Weltbild entsteht und sich ein Verständnis von der Verbindung zwischen Philosophie und Theologie entwickelt, die Originalitätszüge tragen.
Eine ausführliche Literaturliste wird am Anfang des Semesters zur Verfügung gestellt. |