Kommentar |
Briefsteller, Anleitungen zum Briefeschreiben, sind – als Seismographen für stilistische und formale Präferenzen und Aversionen, die auch die je zeitgenössische Poetik affizieren – ein dankbarer Untersuchungsgegenstand für ein medienhistorisches Seminar. Sie spiegeln medien- und postgeschichtliche Paradigmenwechsel ebenso wie sich verschiebende soziale Normen und Hierarchien, wechselnde Stil- und Bildungsideale ebenso wie das historische Verständnis von Öffentlichkeit und ‚Privatheit‘ – ob die Verfasser den Brief nun als Werkzeug der res publica literaria, der Verwaltung´ oder der individuellen Kommunikation verstehen. Im SE werden wir Auszüge ausgewählter Brieflehren von 1500 bis 1800 lesen und diskutieren – von den (eher spärlichen) antiken ars dictaminis über die Briefsteller der Frühen Neuzeit (Erasmus, Lipsius), barocke Sekretärslehren (Harsdörffer, Stieler) über die galante Brieftheorie (Neukirch, Hunold, Bohse) bis zu Gellerts und Moritz ‚Antibriefstellern‘ des 18. Jahrhunderts. Aber auch Musterbriefe und die Briefpraxis abseits der Ratgeber sollen exemplarisch in den Blick genommen werden. Die Arbeitsleistung besteht in Autoren- und Textpatenschaften. |