Kommentar |
Gruppe 1: Ada Bieber Berlin im Film
Berlin ist nicht nur berühmter filmischer Schauplatz, sondern auch Gegenstand der filmischen Auseinandersetzung mit urbanem Leben. Von frühen Beispielen wie Sinfonie einer Großstadt (1927) oder der Verfilmung von Emil Kästner’s Emil und die Detektive (1931) bis zu gegenwärtigen Produktionen (z.B. Babylon Berlin) werden Berliner Geschichte sowie urbanes Leben filmästhetisch reflektiert. Ausgehend von frühen Filmbeispielen beleuchtet das Seminar insbesondere urbane Kindheiten und junge Flaneure, die sich mit der Stadt und der eigenen Identität auseinandersetzten. Dabei wird insbesondere das Berlin der Weimarer Republik, das Berlin der deutschen Teilung sowie Ost-Berlin im DEFA Film in den Fokus genommen. Im Vordergrund steht die Frage, wie Berlin durch filmische Mittel inszeniert und aus der Perspektive junger Protagonist:innen reflektiert wird. Dazu werden im SE film- und adaptionstheoretische geleitete Analysen von Filmen vorgenommen. Dieses SE wird in Präsenz durchgeführt.
Gruppe 2 + 3: Ariane Born
Erich Kästner und sein kinderliterarisches Werk
Erich Kästner war nicht nur ein überaus vielseitiger Lyriker, Publizist, Journalist, Romancier sowie Theater- und Kabarettautor, er war und ist vor allem einer der international bekanntesten deutschsprachigen Kinderbuchautoren des 20. Jahrhunderts. Zu seinem facettenreichen kinderliterarischen Werk zählen nicht nur seine erfolgreichen Romane wie Emil und die Detektive und Das doppelte Lottchen, sondern auch kinderlyrische Texte wie beispielsweise Das verhexte Telefon, kinderorientierte Adaptionen von sogenannten Klassikern wie Münchhausen oder Till Eulenspiegel als auch eine hochreflektierte Kindheitsautobiographie, die unter dem Titel Als ich ein kleiner Junge war erschien.
Kästners Werke für junge Leser*innen entstanden in einer politisch brisanten Zeit zwischen der Spätphase der Weimarer Republik und der Bundesrepublik der 1960er Jahre. Die extremen politischen Brüche und Spannungen des 20. Jahrhunderts haben auch in seinen Büchern ihre Spuren hinterlassen. Das kinderliterarische Werk gibt bei genauerer Betrachtung klar zu erkennen, dass der Verfasser ein ‚poeta doctus’ gewesen ist, den es zu entdecken gilt. In diesem Kontext ist anhand konkreter Beispiele zu fragen: Was für ein Kindheitsbild vermitteln Kästners Kinderbücher als Antwort auf die politischen Geschehnisse des 20. Jahrhunderts? Was für ethische und literarische Grundannahmen bestimmen Kästners Ästhetik? Welche Rolle spielt Humor in seinen Texten? Was erscheint am kinderliterarischen Werk von Kästner nach wie vor modern und aktuell, was trennt die Gegenwart aus welchen Gründen von seinen Ansichten? Ein weiterer Schwerpunkt der gemeinsamen Seminararbeit wird auf der Analyse medienspezifischer Adaptionen von Kästners Kinderliteratur liegen: Wie gelingt es den zahlreichen Verfilmungen und anderen medialen Adaptionen, mit den Möglichkeiten des jeweiligen Mediums, den Sprachwitz, das strenge Formbewusstsein und die ästhetisch avancierte Kompositionsstruktur der literarischen Vorlagen zu vermitteln? Wie hat Kästner es verstanden, sein kinderliterarisches Werk immer auch geschickt im ‚Medienverbund’ zu vermarkten und sich als ‚Star’ zu inszenieren? – Diesen und anderen Fragen will das Seminar in lebendiger und kritischer Auseinandersetzung mit dem kinderliterarischen Werk Erich Kästners nachgehen. Dieses SE wird in Präsenz durchgeführt. Von den Seminarteilnehmer*innen wird eine engagierte Mitarbeit erwartet. Das schließt sowohl (mündliche) Beiträge in den Sitzungen selbst als auch eine zuverlässige Vor- und Nachbereitung der jeweiligen Themeneinheiten, insbesondere die vorbereitende Lektüre, ein. Ebenso wird die termingerechte Erledigung der semesterbegleitenden Übungsaufgaben vorausgesetzt.
Gruppe 4: Carmen Stange Kindheit und Erziehung im Mittelalter
„Bis zum 17. Jahrhundert kannte die mittelalterliche Kunst die Kindheit entweder nicht oder unternahm doch jedenfalls keinen Versuch, sie darzustellen“ (Ariés [2013], S. 92). Vermutlich weil diese Aussage des französischen Historikers Philippe Ariés so gut zum holzschnittartigen Bild vom ‚finsteren Mittelalter‘ passt, ist seine These bis heute wirkmächtig, obwohl sie durch zahlreiche sozial- und kulturgeschichtliche Arbeiten längst als widerlegt gelten kann. Das Seminar setzt dieser insbesondere im und durch das Internet stetig fortlebenden Legende eine Auswahl literarischer Kindheitsdarstellungen entgegen, die ein breites Spektrum epischer Texte des Mittelalters über einen längeren literaturgeschichtlichen Zeitraum hinweg bieten. Die Grundlage für die gemeinsame Analyse und Diskussion der Textausschnitte bildet einerseits die von Ariés ausgelöste Forschungsdebatte, andererseits die Beschäftigung mit mittelalterlichen Lehrgedichten über die Erziehung und Erziehungsinhalte. Vor dieser Folie können sowohl die Gemeinsamkeiten als auch der Variantenreichtum der Kindheitsbilder und Erziehungskonzepte in der mittelhochdeutschen Literatur systematisch erarbeitet werden. Neben der Lektüre der ausgewählten Textpassagen, die im Regelfall mit neuhochdeutscher Übersetzung über Moodle bereitgestellt werden, wird von allen Teilnehmenden erwartet, für eine Sitzung allein oder als Team weiterreichende Verantwortung zu übernehmen. Mit Hilfe einschlägiger Nachschlagewerke, Handbücher und zentraler literaturwissenschaftlicher Forschungsbeiträge sowie der Monographie von Shahar (1999) können die Kontexte der Textstellen und deren Inhalt genauer erschlossen werden. Dieses Expertenwissen soll dem SE in mündlicher und schriftlicher Form bereitgestellt werden. Für das Gelingen des Seminars sind die regelmäßige Anwesenheit und aktive Mitarbeit notwendig. Dieses SE wird in Präsenz durchgeführt. Zur vorbereitenden und seminarbegleitenden Lektüre empfohlen (antiquarisch und in Bibliotheken erhältlich): Ariés, Philippe: Geschichte der Kindheit. Mit einem Vorwort von Hartmut von Hentig. 15. Aufl. München: dtv 2013; Shahar, Shulamith: Kindheit im Mittelalter. München: Artemis und Winkler 1991.
Gruppe 5: Gudrun Weiland Kinderliteratur zwischen Gründerzeit und Erstem Weltkrieg
Großstadtskizzen und Dorfgeschichten, bürgerliche „Backfischromane“ und proletarische Kinderbücher, kolonialistische Abenteuerliteratur und amerikanische Detektivschmöker - die Kinder- und Jugendliteratur zwischen 1871 und 1918 ist vielgestaltig und lässt sich kaum als geschlossene literarische Epoche beschreiben. Innerhalb der politisch definierten Epochengrenzen „Gründerzeit“ und „Erster Weltkrieg“ wuchs die erste voll alphabetisierte Kindergeneration in die entstehende moderne Massenkultur hinein, VolksschullehrerInnen begründeten in dieser Zeit die Jugendschriftenkritik und stießen nicht nur wichtige Debatten um die Gefahren von „Schmutz und Schund“, sondern auch um den zunehmenden Nationalismus und Militarismus in der KJL an. Dieses SE wird in Präsenz durchgeführt. Im SE werden wir ausgehend von genauen Lektüren ausgewählter Texte diskutieren, in welchen größeren diskursiven Zusammenhängen diese stehen und wie - und von wem - in diesem Zeitraum normative Festlegungen von Eigenschaften und Funktionen von KJL ausgehandelt wurden. Für einen ersten Einblick in den Seminargegenstand eignet sich: Ewers, Hans-Heino; Mieles, Myriam (Hrsg.): Kinder- und Jugendliteratur. Von der Gründerzeit bis zum Ersten Weltkrieg. Eine Textsammlung. Stuttgart: Reclam 1994.
Gruppe 6: Sabine Planka Vampire in der Kinder- und Jugendliteratur
Bereits seit der Antike gibt es vampirähnliche Gestalten, die als blutsaugend beschrieben werden. Doch erst Anfang des 18. Jahrhunderts (genauer 1725) wurden in Serbien, genauer in der Stadt Kisolova nahe Belgrad, die Grundlagen für die bis heute anhaltenden Vorstellungen von Vampiren gelegt. Peter Mario Kreuter definiert den Vampir wie folgt: „Der Vampir ist ein wiederkehrender Toter, der sein Grab verlässt, um Lebenden das Blut auszusaugen, das Vieh zu ruinieren oder anderen Schaden zuzufügen. Er ist somit kein dämonisches Wesen, kein Geist und auch kein Mensch, sondern ein wandelnder Leichnam.“ Doch ein Vampir ist mehr als nur ein blutsaugendes Wesen. Er war (und ist) Projektionsfläche für Ängste, der Glaube an ihn wirkte gemeinschaftsstiftend und auch heute noch wohnt dem Vampir eine Faszination inne, die in der Verfilmung „Twilight“ von Stefanie Meyers Roman „Bis(s) zum Morgengrauen“ einen neuen Höhepunkt gefunden hat. Im SE werden wir uns mit den Ursprüngen des Vampirglaubens, der im slawischen Raum liegt, beschäftigen und die Grundzüge des Vampirs herausarbeiten. Anschließend werden wir uns dem Übergang des realexistierenden Vampirglaubens in die Literatur widmen und uns mit unterschiedlichen literarischen Vampiren beschäftigen. In welchen Kontexten sind die vampirischen Werke entstanden? Wie hat sich die Figur verändert und welche Gründe lassen sich für die Veränderungen finden? Dabei werden wir uns mit Polidoris „Der Vampyr“ ebenso beschäftigen wie mit Bram Stokers „Dracula“, aber auch mit den Vampiren von Sheridan Le Fanu in „Carmilla“ und von Octavia Butler in „The Fledgling“. Der Fokus wird schließlich auf den Vampiren der Kinder- und Jugendliteratur liegen. Besonders werden wir uns beschäftigen mit den Werken von u.a. Angela Sommer-Bodenburg („Anton und der kleine Vampir“) und Gudrun Pausewang („Der Spinatvampir“). Weitere Werke der KJL sollen zeigen, wie sich die Ausgestaltung des Vampirs von seinen Anfängen bis in die Kinder- und Jugendliteratur verändert hat und welchen Einflüssen er unterlegen ist im Laufe der Zeit. Das SE findet online statt, zwischen den einzelnen Sitzungen wird es Gelegenheit zum Selbststudium geben, so dass sich synchrone und asynchrone Lehr(n)einheiten abwechseln. Die Bereitschaft, sich auch mit englischsprachigen Texten auseinanderzusetzen, wird vorausgesetzt. Die Literaturliste zum SE finden Sie in der HU-Box unter dem Link: https://box.hu-berlin.de/d/42ba98b85d514cbeb4d6/
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