Kommentar |
Das Epigramm, das traditionell durch Kürze, Zweiteiligkeit, Pointierung und Scharfsinn klassifiziert wird, ist eine kurze Versgattung mit langer Geschichte und reicher Theorie, in der sich wie in einem Brennglas poetologische und rhetorische Diskurse unterschiedlicher Epochen verdichten. Es ist obendrein äußerst traditions- und formbewusst und neigt zur Selbstreflexion, auch wenn ihm dafür nicht viele Zeichen zur Verfügung stehen. Daher eignet sich diese kleine Form in besonderer Weise, um an ihr Rhetorik-, Poetik- und Formgeschichte nachzuzeichnen. Aber man sei gewarnt: ein Epigramm kommt selten allein; es neigt (wie viele kurze Formen) zur Rudelbildung. Obendrein ist es als Mikromedium der Kritik äußerst streitlustig. Wir werden im SE die Geschichte dieser kleinen, oft eminent politischen und polemischen Form anhand ausgewählter Texte aus Epigrammtheorie und -praxis in den Blick nehmen – von der Antike (Anthologia Graeca, Martial) über die Frühe Neuzeit (Czepko, Logau, Scheffler, Wernicke, Lessing, Herder u.a.) bis zu seinen Erben im 20. Jahrhundert (Brecht, Kästner, Fried, Lehnert, Astel, Rühm, Jandl). Die Arbeitsleistung besteht in Autoren- und Textpatenschaften oder (wahlweise mündlichen oder schriftlichen) Kurzpräsentationen zur Epigrammtheorie. |