Kommentar |
Das bedeutendste Stilmittel der Poetik der Nordgermanen ist die Kenning. Das Wort Kenning stammt von altnord. kenna „kennzeichnen“. Im Gegensatz zur eingliedrigen Heiti, etwa der Metapher vergleichbar, ist die Kenning eine mehrgliedrige bildhafte Beschreibung, die sich aus mehreren Wörtern zusammensetzt. Die Kennning ist neben der silbenzählenden Metrik und der prosafernen Wortstellung das markanteste Kennzeichen der Skaldischen Dichtung. Kenningar gibt es zwar auch in der Eddischen Dichtung, wo sie zum überwiegenden Teil durch spätere Bearbeitungen der Lieder Eingang fanden, aber wohl als einfache Umschreibung von Anfang an ihren Platz hatten. Auch die angelsächs. Dichtung, insbesondere der Beowulf, enthält Kenningar. Diese unterscheiden sich aber wesentlich von denen der anord. Literatur. Während Edda und angelsächs. Dichtung zumeist nur die einfache zweigliedrige Umschreibung verwenden, zeichnet sich die skaldische Kenning durch das Verfahren der Variation (Ersatz durch ein verwandtes, inhaltlich ähnliches Wort, oder auch durch eine Kenning selbst) und Häufung aus. Der Ursprung der Kenning liegt aber nicht bei den Nordgermanen, sondern bei den Iren. Daher sind nicht nur die skaldische und eddische Kenning zu beschreiben und zu deuten, sondern auch die der Angelsachsen und Iren. Die Kenningar werden in ihrem Textzusammenhang untersucht. |