Kommentar |
Teil der „großen Erzählung“ des Modernismus ist die Diagnose, dass die Malerei während der 1960er Jahre ihr natürliches Ende gefunden habe. Zeitgenössische Künstler und Kritiker gleichermaßen — hier bewusst in der männlichen Form — definierten den abstrakten Expressionismus, insbesondere Jackson Pollocks drip paintings, als Höhe- und gleichzeitigen Endpunkt für dieses Leitmedium der Kunst. Danach wäre der Weg frei für neue Medien und Formate avancierter Kunst, wie beispielsweise die Performance, Konzeptkunst, das Video oder Happening.
Ausgangspunkt der Vorlesung ist dieses prominente Narrativ, durch das Paradigmen des Fortschritts und der Medienreflexion als Grundlagen einer Kunstgeschichte der Moderne festgeschrieben worden sind. Indem diese kritikwürdige Erzählung mit Akteur*innen, Werken und ausgeblendeten Kontexten, die sich nicht in ihre Logik einpassen, konfrontiert wird, wird sie selbst als historisch bzw. kultur- und philosophiegeschichtlich situiertes Narrativ erkennbar. Vernachlässigte Positionen des 19. Jahrhunderts werden daher ebenso in die Vorlesung einbezogen wie malerische Modernismen aus einem weiteren, internationalen Feld. Im Zuge der anhaltenden feministischen Auseinandersetzung mit dem Medium der Malerei werden auch das komplexe Verhältnis der Konzeptkunst zur Malerei, oder aktuelle queere Aneignungen der Gesten und Codes des Abstrakten Expressionismus thematisiert. |
Literatur |
Marcia Brennan, Modernism’s Masculine Subjects: Matisse, the New York School, and Post-Painterly Abstraction, Cambridge Mass.: MIT Press 2006; Eva Ehninger, Vom Farbfeld zur Land Art. Ortsgebundenheit in der amerikanischen Kunst, 1950-1970, München: Silke Schreiber 2013; Peter Geimer/Isabelle Graw, Über Malerei: Eine Diskussion, Berlin: August 2012; Isabelle Graw, The Love of Painting: Genealogy of a Success Medium, Berlin: Sternberg 2019; David Joselit, After Art, Princeton: Princeton University Press 2012; Stefan Neuner, Maskierung der Malerei. Jasper Johns nach Willem de Kooning, München: Fink 2008; Griselda Pollock, Differencing the Canon: Feminism and the Writing of Art’s Histories, London: Routledge 1999; Partha Mitter, The Triumph of Modernism: India’s Artists and the Avant-Garde, 1922-1947, London: Reaktion Books 2007 |