Kommentar |
Adjektive wie "digital" und das ubiquitäre Schlagwort "Digitalisierung" scheinen so selbstverständlich, dass sie im Diskurs der Medienkultur kaum noch infrage gestellt werden. Demgegenüber gehört zu den vornehmsten Aufgaben von Medientheorie - zumal in Hegels Haus - die techniknahe "Arbeit am Begriff". Im Unterschied zur rein technikphilosophischen Reflexion widmet sich radikal medienarchäologische Analyse zugleich den technischen Dingen (Hardware) und "Undingen" (Software, mit Vilém Flusser) und macht sie damit überhaupt erst analytisch fassbar. Den Leitfaden dieser Vorlesung bildet entlang des konkreten Untersuchungsgegenstandes - der sogenannten "Digitalisierung" - die Technológos-Hypothese, der zufolge den techno-logischen Gefügen in Anlehnung an eine Begriffsform der Naturwissenschaften ein "Eigenwissen" respektive Eigenwesen zukommt. Doch erst im operativen Vollzug der Verwicklungen der symbolischen Codes mit maschinaler MateRealität entbirgt sich diese ganz andere Eigenlogik, als "Logos" im umfassenden Sinne. Laut Wikipedia wird dieser altgriechische Begriff "unspezifisch im Sinne von 'Wort' und 'Rede' sowie deren Gehalt ('Sinn') gebraucht, bezeichnet aber auch das geistige Vermögen und was dieses hervorbringt (wie 'Vernunft'), ferner ein allgemeineres Prinzip einer Weltvernunft oder eines Gesamtsinns der Wirklichkeit." Dieses "außerordentlich weite Bedeutungsspektrum" (ebd., Stand 5. Juli 2021) aus seiner Umklammerung durch Wikipedia zu befreien und im Sinne von Medienwissenschaft als media science techno-logisch zu "erden" ist das Anliegen der kommenden Vorlesung. Im Sinne der Konsistenz mit dem Seminarangebot im Modul "Medientheorien" werden dabei phänomenologische und diskursive Effekte der "Digitalisierung" mit ihrer technischen Wirklichkeit abgeglichen. |
Literatur |
- Rainer Eckl / Leonhard Pütgens / Jürgen Walter, A-D- und D-A-Wandler. Grundlagen, Prinzipienschaltungen und Applikationen, 2., verb. Aufl. München (Franzis) 1990;
- Martin Heidegger, Die Frage nach der Technik, in: ders., Reden und Aufsätze, 2. Aufl. Tübingen (Neske) 1959, 13-44;
- ders., Überlieferte Sprache und technische Sprache, St. Gallen (Erker) 1989;
- Vilém Flusser, Dinge und Undinge. Phänomenologische Skizzen, München / Wien (Carl Hanser) 1993;
- Moritz Hiller / Stefan Höltgen (Hg.), Archäographien. Aspekte einer Radikalen Medienarchäologie, Berlin (Schwabe Verlag) 2019;
- W. E., Technológos in Being. Radical Media Archaeology and the Computational Machine, New York et al. (Bloomsbury Academic) 2021 (Reihe Thinking Media)
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