Der Begriff des Satzmodells hat in der deutschsprachigen Musiktheorie seit einigen Jahrzehnten Hochkonjunktur. Der Begriff bezeichnet solche Phänomene des Tonsatzes, die sich als Zusammenwirken von Stimmführungsereignissen und (damit zusammenhängenden) Harmoniefolgen beschreiben lassen, ohne dass man angeben könnte, ob die eine oder die andere der beiden Komponenten den Ausgangspunkt bildet. Unter dem Begriff des Satzmodells werden Sequenzen gefasst, daneben aber auch etwa vom Bass ausgehende Stimmführungsmodelle wie Lamentobass oder die Oktavregel, die mit immer mehr oder weniger gleichen Harmoniefortschreitungen verbunden sind. Satzmodelle sind zäh und werden oft über mehrere Jahrhunderte tradiert. Während das Grundgerüst unverändert bleibt, kommt es lediglich zu Varianten in der Ausfüllung im Detail.
Eine Geschichte der Harmonik westlicher Musik ließe sich schreiben unter dem Fokus einer fortwährenden Umwandlung, Neuformung und Variation dieser Satzmodelle, die Komponisten vorfinden, einem Werk oder Werkausschnitt zugrunde legen und dabei melodisch und harmonisch an die spezifischen Bedingungen dieses Werks anpassen.
Anhand der Klavierwerke insbesondere Robert Schumanns soll dieser Idee nachgegangen werden, indem die Möglichkeit einer Rückführung von Ausschnitten auf Satzmodelle ermittelt und die spezifische Art der Umformung resp. konkreten Ausfüllung beschrieben und interpretiert wird. |