Kommentar |
Der Einfluss, den Dostoevskij, der Anatom der extremen Komplexität der menschlichen Seele, auf die westeuropäische Geistes- und Literaturgeschichte ausgeübt hat, ist immens. Er wäre der einzige Psychologe gewesen, von dem er etwas zu lernen hatte, schreibt Nietzsche in seiner „Götzendämmerung“; die Einsichten, die er dem russischen Autor verdankte bzw. bei ihm bestätigt sieht, beziehen sich hauptsächlich auf die Frage nach der Genesis moralischer Wertungen. Seine Helden sind Durchschnittsmenschen, seine polyphonen Romane entmachten den einen, allwissenden Erzähler, chronologisch und kausal konzipierte Handlungsgefüge weichen einem Geschehen, das sich im Bewusstsein seiner Figuren spiegelt. Daher fokussiert dieses Seminar die wichtigsten Figuren seiner großen Romane und ihre durch ihr eigenes Bewusstsein begrenzten Handlungsspielräume. |