Gruppe 1: Öffentlichkeit und Geheimnis im 18. Jahrhundert
Das 18. Jahrhundert gilt als die Zeit, in der „Öffentlichkeit“ in einem modernen Sinn erfunden wurde. Die Entwicklung der Presse sowie die Ausbildung einer „öffentlichen Meinung“ stehen dabei in enger Beziehung zur Aufklärung. Doch war diese Entwicklung nicht voraussetzunglos, sondern baute auf presse- und politikgeschichtlichen Tendenzen des 17. Jahrhunderts auf. Gleichzeitig ist das 18. Jahrhundert nicht nur ein Zeitalter der Öffentlichkeit, sondern auch eine Zeit, in der die Gegenbegriffe zu „öffentlich“ – nämlich „privat“ und vor allem „geheim“ – eine besondere Bedeutung gewannen. Denn im 18. Jahrhundert entstand die moderne Vorstellung von Privatheit, aber auch das Phänomen der Geheimbünde. Das Seminar wird diese Entwicklungen an so unterschiedlichen Themen wie den Freimaurern, der Ausdifferenzierung der Presse, dem Weiterwirken einer halböffentlichen Manuskriptkultur und dem Krieg als Medienereignis diskutieren.
Gruppe 2: Intellektuelle im Kalten Krieg. Ideentransfers zwischen West- und Südosteuropa
Die Metapher des „Eisernen Vorhangs“ vermittelt scheinbar vollständige Hermetik zwischen Ost und West im geteilten Europa. In diesem Seminar geht es darum, nach der Durchlässigkeit dieser Barriere für die Zirkulation und den Transfer von Ideen zu fragen. Südosteuropa ist dafür besonders prädestiniert, da es nicht einfach den Ost-West Gegensatz abbildete, sondern hier im Hinblick auf den „Streit der Systeme“ besondere Konstellationen sichtbar wurden: einmal die NATO-Mitglieder Türkei und Griechenland, dann Bulgarien und Rumänien als Teil des Warschauer Paktes, sowie dem „blockfreien“ Sozialismus Jugoslawiens und dem letztlich maoistischen Albanien.
Indem hier der Kontakt und diskursive Austausch von Intellektuellen zwischen den Blöcken, zwischen Westeuropa und dem Balkan im Mittelpunkt steht, bietet das Seminar eine Einführung sowohl in Konzepte der Verflechtungsgeschichte als auch in jene der „Intellectual History“. Gerade bei dem Fokus auf Südosteuropa kann die oftmals noch anzutreffende Vorstellung von Ideentransfers als Einbahnstraßen mit Sendern und Empfängern produktiv hinterfragt werden. Daher stehen vor allem die Aneignungsformen, Modifikationen von Ideen, sowie die gegenseitige Rezeption im Vordergrund, wenn es um Vorstellungen von gesellschaftlicher Ordnung oder deren Kritik geht.
Der Kurs findet eher synchron statt.
Gruppe 3: Stalin und der Stalinismus
Das Bachelorseminar wird sich mit der Geschichte der Stalinära in ihren verschiedenen Etappen befassen. Wir werden dabei mit der Machtergreifung der Bolschewiki 1917 beginnen und mit dem Tode Stalins 1953 enden. Wir werden uns anhand ausgewählter Aspekte, Beispiele und Interpretationen mit den Charakteristika dieser Epoche vertraut machen.
Der Kurs findet, falls er digital unterrichtet werden muss, asynchron statt.
Gruppe 4: Herrschaft, Wohlfahrt, Volkserziehung: Innere Staatsbildung im 19. Jahrhundert
Der moderne Staat war im Europa der Frühen Neuzeit aus dem Krieg entstanden. Seit dem 18. Jahrhundert hatte sich die staatliche Konsolidierung mehr nach innen verlagert. Das 19. Jahrhundert ist die Hochzeit dessen, was Otto Hintze die „Innere Staatsbildung“ nannte: Die Stabilisierung des staatlichen Durchgriffs durch den Aufbau einer leistungsorientierten Verwaltung, eines effizienten Steuersystems, einer handlungsfähigen Polizei und eines Rechtssystems. Zur inneren Staatsbildung gehören aber auch die Durchsetzung eines staatlichen Bildungswesens, die Beschränkung des Einflusses von Kirchen und lokalen Mächten (wie z.B. Großgrundbesitzern), der Ausbau von Infrastruktur, ebenso auch die Beobachtung der Gesellschaft, etwa durch den Aufbau einer staatlichen Statistik, schließlich die Ausbildung des modernen Wohlfahrtsstaates, dessen Hochzeit allerdings im 20. Jahrhundert liegt. All diese Institutionenbildung konnte aber nur möglich sein, wenn die Untertanen, die mit der Zeit zu Staatsbürgern wurden, diesen Weg mitgingen. Die Erweiterung der politischen Partizipation war deshalb zwar nicht unbedingt Teil, aber doch Ausdruck der inneren Staatsbildung, und die Förderung einer „Staatsgesinnung“, das, was Michel Foucault später „Gouvernementalität“ nannte, gehörte auch dazu. Diese Staatsbildung erleichterte einerseits das Leben; andererseits war sie auch eine Zumutung, und der Widerstand gegen dieses Vordringen des Staates in den Alltag der Vielen gehört deshalb auch in dieses Panorama.
Das Seminar möchte diese einzelnen Momente prinzipiell mit einem europäisch-vergleichenden Zugang erschließen. Im Hintergrund steht dabei die Frage nach der Historizität von Staatlichkeit: vieles von dem, was damals als Staatsaufgabe bezeichnet wurde, war nicht selbstverständlich, umstritten und wurde debattiert. Das gilt auch für heute.
Gruppe 5: Terrorismusgeschichte des 19., 20. und 21. Jahrhunderts
Gruppe 6: Zwischen Utopie und Realität: Die Rolle des Films in der Sowjetunion
Das Kino in der Sowjetunion war vieles zugleich: propagandistisch und pompös, sozialkritisch und subtil, schwermütig und komisch – und zum Teil sogar apokalyptisch. Von den 20er Jahren bis in die Perestrojka-Zeit reflektierte und beeinflusste der Film das sich wandelnde gesellschaftliche Leben. Nicht nur die Filmschaffenden und sowjetischen Leinwandstars, sondern auch die Medien, Zensurbehörden und vor allem das Publikum trugen dazu bei, dass Filme und Kinos zu Räumen der Interpretation und Verhandlung politischer, sozialer und wirtschaftlicher Realitäten wurden. Sie schufen Utopien und stellten diese zugleich infrage.
Das Seminar betrachtet die Vielfalt und Entstehung sowjetischer Film-produktionen sowie in der UdSSR beliebter Filme aus dem Ausland (z.T. aus dem Western, aber auch aus Indien), die die Menschen von Leningrad bis Taschkent millionenfach ins Kino lockten. Während sich der Kurs mit den Filmen selbst befassen wird, steht die historische Analyse der Produktion und Rezeption, sowohl auf Seiten der Behörden als auch der interessierten Massen, im Vordergrund. Welche zeitlichen und räumlichen Veränderungen und Unterschiede (etwa in verschieden Sowjetrepubliken) lassen sich ausmachen?
Um diesen Fragen nachzuspüren, wird das Seminar eine Vielzahl von visuellen und gedruckten Quellen zu Rate ziehen (neben den Filmen vor allem Rezensionen, Schriftverkehr, Presseartikel und Memoiren). |