Kommentar |
Die inzwischen umfangreiche Digitalisierungsforschung vernachlässigt weitgehend die Frage, welche geschlechtsspezifischen Konsequenzen mit zunehmender Digitalisierung verbunden sind und ob und wie das Geschlechterverhältnis in Frage gestellt wird. Offen bleibt bislang, ob Digitalisierung emanzipatorische Effekte im Sinne von neuen Handlungsmöglichkeiten und Selbstverwirklichungschancen (für alle Geschlechter) hat oder diese einschränkt und Prekaritätsrisiken im Arbeits- und Lebenskontext erhöht werden. Im Seminar werden aus dieser Perspektive zum einen aktuelle Forschungsergebnisse und zum anderen theoretische Zugänge der arbeits-, geschlechter- und techniksoziologischen Forschung zur Erklärung der Persistenz oder des Wandels von Geschlechterverhältnissen diskutiert. Zudem geht es darum, Ansatzpunkte für eine gendergerechte Gestaltung digitaler Arbeit zu entwickeln. Dabei wird von einem breiten Arbeitsbegriff ausgegangen, also nicht nur traditionelle Erwerbsarbeit betrachtet, sondern auch der gesamte Lebenszusammenhang in den Blick genommen.
Von den Teilnehmer*innen wir die Bereitschaft erwartet, aktiv an der Seminargestaltung (z.B. durch eigene Recherchen) beizutragen. |
Literatur |
- Carstensen, T. (2020). Orts- und zeitflexibles Arbeiten: Alte Geschlechterungleichheiten und neue Muster der Arbeitsteilung durch Digitalisierung. Zeitschrift für Arbeitswissenschaften, 74, 195–205
- Hardering, F. (2020). Von der Arbeit 4.0 zum Sinn 4.0? Österreichische Zeitschrift für Soziologie, 46, 27–44
- Motakef, M., & C. Wimbauer (2019). Prekarität im Lebenszusammenhang – eine um Anerkennung erweiterte Perspektive auf prekäre Erwerbs- und Lebenslagen. Forum Qualitative Sozialforschung, 20(3), Art. 34
- Piasna, A., & J. Drahokoupil (2017). Gender inequalities in the new world of work. Transfer, 23(3), 313–332
- Sachverständigenkommission (2021): Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten. Gutachten der Sachverständigenkommission an das BMFSFJ für den Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. Troisdorf
- Sørensen, E. (2012). Die soziale Konstruktion von Technologie (SCOT). In S. Beck, J. Niewöhner & E. Sørensen (Hg.), Science and Technology Studies, (123–144). Bielefeld: transcript
- Staab, P. (2019). Digitaler Kapitalismus: Markt und Herrschaft in der Ökonomie der Unknappheit. Berlin: Suhrkamp
- Wajcman, J. (2010). Feminist Theories of Technology. Cambridge Journal of Economics, 34, 143–152
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2020): Dritter Gleichstellungsbericht. https://www.dritter-gleichstellungsbericht.de/de/topic/73.gutachten.html
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