Diese grundlagenvermittelnde Vorlesung bietet eine Einführung in die Gegenstandsbereiche, Forschungsfragen und Themen der skandinavistischen Mediävistik. Dabei machen wir uns auf die Suche nach der fachspezifischen „Brille“, die wir tragen, wenn wir uns mit Artefakten und Texten beschäftigen, welche wir einem mittelalterlichen Skandinavien zuordnen. Dazu stellen wir uns Fragen wie die folgenden: Was hat ein isländischer Bauer im Jahre 1919 noch mit altnordischer Literatur zu schaffen? Wieso tragen die Schauspieler in Vikings keine Hörnerhelme? Aus welchem Grund verehren germanische Neuheiden türkische Immigrant*innen als ihre Götter? Von wem stammen die Runen-Graffitis in der Hagia Sophia? Und was haben sagas mit Geschichte und Geschichten zu tun?
Ausgehend von literarischen Texten und kulturellen Artefakten werden wir uns mit den für Nordeuropa spezifischen Gegebenheiten auseinandersetzen, die unser Bild der Wikingerzeit und des skandinavischen Mittelalters prägen und konstruieren. Dabei wird deutlich werden, dass die Beschäftigung mit Runen- und Bildsteinen, mit sagas auf Pergament und Papier oder mit Ódinn, Freyja und þórr nicht nur etwas über „die Vergangenheit“, sondern vielmehr etwas über unsere Herangehensweise an diese Vergangenheit aussagt, welche wir für die Gegenwart nutzbar machen.
Der gleichzeitige Besuch des von Friederike Richter durchgeführten Grundkurses "Plündernde Rüpel, schöne Schildmaiden? Mit Mittelaltermythen aufräumen" wird wärmstens empfohlen.