Kommentar |
Ziel dieser Veranstaltung ist es, die Studierenden mit den inschriftlichen Texten und deren Besonderheiten vertraut zu machen. Römische Inschriften auf Latein wurden auf Monumente, Wände oder Gefäße aus den unterschiedlichsten Gründen eingemeißelt, geritzt oder bemalt. Das untrennbare Binom Inschriften und Träger war in der Antike ein grundlegendes Kommunikationsmittel, das für uns ein unmittelbar überliefertes medium für die Erforschung der römischen Kultur, Akteure und Sprache darstellt. Aus dieser Besonderheit der epigraphischen Texte ergeben sich sprachliche Merkmale, die in der Literatur weniger zu beobachten sind: Unmittelbarkeit und Vielfältigkeit. Anders als die literarischen Quellen, die zu uns durch das medium von Kopisten kamen, die mindestens fünfhundert Jahre später lebten, sind die Inschriften Momentaufnahmen: Die Zeit zwischen der Planung und der Realisierung einer Inschrift war in der Regel sehr kurz; außerdem gehörten der Auftraggeber und der Auftragnehmer zur kulturellen Umwelt der Texte, die sie zusammengestellt hatten. Da sich nicht nur Herrscher und Aristokraten männlichen Geschlechtes, sondern auch ‚kleine Leute’ und Frauen durch Inschriften äußerten, wird die verwendete Sprache lauter, bunter als die Sprache der Literatur. Gleichzeitig zeigen sich in den unterschiedlichen Gattungen wie Weihinschriften, Inschriften an Statuenbasen, Bauinschriften und Grabinschriften auch Formularstil und spezifische Sprachebenen, die sich jeweils aber auch in der Zeitentwicklung und in den unterschiedlichen sozialen Niveaus als variables Phänomen zeigen.
Inschriften sind eine Fundgrube für den Wortschatz und dessen Erforschung, wie Dr. Roberta Marchionni als Gast aus dem Thesaurus linguae Latinae am Beispiel der obszönen Inschriften aus Pompeii zeigen wird.
Literatur: W. Eck, Lateinische Epigraphik, in: F. Graf (Hrsg.), Einleitung in die lateinische Philologie, Stuttgart – Leipzig 1997, 92–111. W. Eck, Monument und Inschrift. Gesammelte Aufsätze zur senatorischen Repräsentation in der Kaiserzeit, Berlin – New York 2011. P. Kruschwitz, Linguistic Variation, Language Change, and Latin Inscriptions, in: Ch. Bruun – J. Edmondson (Hrsg.), The Oxford handbook of Roman epigraphy, Oxford 2015, 719–742. A. Saastamoinen, The Phraseology of Latin Building Inscriptions in Roman North Africa, Helsinki 2010. O. Salomies, Observations on the Development of the Style of Latin Honorific Inscriptions during the Empire, Arctos 28, 1994, 63–106. M. G. Schmidt, Einführung in die lateinische Epigraphik, Darmstadt 20112. L. Schumacher (ed.), Römische Inschriften, Lateinisch/ Deutsch, Stuttgart 20012. H. Solin, Thesaurus und Epigraphik, in: D. Krömer (Hrsg.), Wie die Blätter am Baum, so wechseln die Wörter. 100 Jahre Thesaurus linguae Latinae, Wiesbaden 1995, 57–78.
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