Kommentar |
Moderne Gesellschaften haben für unterschiedliche Praxisfelder Textformen entwickelt, die Gebrauchsroutinen in Gang setzen. Für derartige Gebrauchstexte zählt weniger die Unterscheidung faktual-fiktional als der jeweils spezifische Funktionszusammenhang. So strukturieren beispielsweise Anträge, Protokolle, Listen, Berichte, Gutachten und Lebensläufe situationsspezifisch Handlungsmöglichkeiten vor und sind Grundbedingungen der beruflichen Kommunikation. Gebrauchstexte sind nicht nur elementare Werkzeuge moderner Institutionen; in didaktischer Hinsicht sind sie zudem fest in schulischen Curricula verankert und aus dem heutigen Unterricht nicht mehr wegzudenken. Das SE wird die grundlegenden pragmatischen Funktionen dieser Textsorten seit 1800 untersuchen. Gleichzeitig soll das Verhältnis zwischen Gebrauchstexten und Literatur näher erkundet werden. Gerade in der Literatur werden die funktionalen Grenzen von Gebrauchstexten porös. Die Literatur spielt mit Formkonventionen, weist ihnen neue Aufgaben zu und entwickelt eine eigensinnige Poetik des Gebrauchs. Zu jedem Gebrauchstext wird zunächst ein Forschungsansatz besprochen, der theoretische, methodische und historische Zugänge eröffnet. Diese Methoden sollen in exemplarischen Analysen dann an einschlägigen literarischen Texten überprüft und der poetische Stellenwert der Gebrauchsformen erkundet werden. Thematisiert werden hier u.a. Texte von Heinrich v. Kleist, Jean Paul, Honoré de Balzac, Oskar Panizza, Franz Kafka, Christa Wolf, Maxie Wander und Saša Stanišić. Das SE wird synchron in wöchentlichen Videokonferenzen abgehalten. Die Teilnahmeleistung umfasst die Lektüre und Vorbereitung der obligatorischen Texte, die regelmäßige und aktive Teilnahme an den Onlinesitzungen sowie die Bereitschaft zum Erstellen eines Thesenpapiers.
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