WanderbeiterInnen (nongmingong; wörtlich: BauernarbeiterInnen) stellen eine der bedeutendsten sozialen Akteure für den wirtschaftlichen Aufstieg der Volksrepublik China dar. Während Land-Stadt-Migration in der Ära Mao Zedongs (1949-1976) unter strenger staatlicher Kontrolle stand und nur äußerst begrenzt möglich war, führte der chinesische Parteistaat seit Ende der 1970er Jahre weitreichende Reformen der Migrationspolitik durch. In diesem Kontext haben Migrationsbewegungen in den vergangenen 40 Jahren stetig zugenommen, und die Zahl der WanderarbeiterInnen wird heute auf 291 Millionen geschätzt. Obwohl die staatliche Migrationspolitik gegenwärtig auf die urbane Integration der ländlichen ArbeitsmigrantInnen abzielt, sind die Lebens- und Arbeitsbedingungen von WanderarbeiterInnen weiterhin von unterschiedlichen Formen des sozialen und ökonomischen Ausschlusses geprägt.
Vor diesem Hintergrund untersuchen wir im Seminar die Transformation der chinesischen Migrationspolitik und deren Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von ArbeitsmigrantInnen. Konkret beschäftigen wir uns mit drei wesentlichen Fragen: 1) Welche Institutionen und soziale Akteure prägen die Veränderung der Migrationspolitik in China? 2) In welcher Form hat der chinesische Parteistaat seit 1949 versucht, Binnenmigration im Kontext sich verändernder ökonomischer Entwicklungsstrategien zu regulieren? 3) Welche Auswirkungen hat die gegenwärtige staatliche Migrationspolitik auf die Arbeits- und Lebensrealitäten von WanderarbeiterInnen sowie die damit verbundenen sozialen Konflikte?
Der erste Teil des Seminars bietet eine Einführung in theoretische Ansätze im Feld der Migrationsstudien. Ein Fokus liegt hierbei auf der Diskussion des Konzepts der „Migrationsregime" zur Untersuchung des Verhältnisses zwischen dem Handeln von MigrantInnen und der staatlichen Regulation von Mobilität. Im zweiten Abschnitt werfen wir einen genauen Blick auf die Geschichte, Charakteristika und Reformen des chinesischen Haushaltsregistrierungssystems (hukou) sowie dessen Rolle für Regulation von Migrationsbewegungen. Im abschließenden Teil des Seminars untersuchen wir die jüngste Entwicklung von Migrationsmustern sowie ausgewählte Konfliktkonstellationen hinsichtlich der Lebensrealitäten von WanderarbeiterInnen (in den Bereichen Wohnen, Bildung und Arbeitsverhältnisse). |