Kommentar |
Institutionen sind Prozess und Umgebung – Gefüge, die Praktiken, Rollen, Normen, Architekturen historisch konsolidieren und in ein Austauschverhältnis bringen (Gefängnisse, Universitäten, die Familie, aber auch ökonomische Räume, Räume der Arbeit, aktivistische Gruppen, etc.). Institutionen instituieren ein soziales Feld, sie produzieren Subjektivitäten und Formen des Kollektiven. Sie können Gruppen unterwerfen oder Herde der Kreativität katalysieren (Exodus). Doch wie lässt sich eine Störung rahmen, die die etablierten Regeln des Spiels durchkreuzt? Wie eine neue, radikalere Syntax für Räume des Möglichen entwerfen? Kurz: Wie den Exodus instituieren? In den Worten von Claire Parnet und Gilles Deleuze: „Tatsächlich heißt fliehen keineswegs, auf Taten verzichten – nichts Aktiveres als die Flucht!"
Ausgehend von Theorie und Praxis der Institutionellen Psychotherapie (François Tosquelles, Jean Oury, Félix Guattari) – einer radikalen Strömung, die sich der Maxime verschrieb, „die Umgebung zu behandeln, ehe irgendeine individuelle Kur begonnen wird" –, diskutiert das Seminar Modi der Intervention, die das institutionelle Gefüge als Raum einer emanzipatorischen Politik gestalten. Das Projekt der institutionellen Psychotherapie ist damit immer schon ein politisches Unterfangen, indem es ein non-dialektisches Verhältnis von psychischer und sozialer Entfremdung adressiert. Das Seminar thematisiert einschlägige Positionen und Schlüsselbegriffe wie Subjektivität, Transversalität, Mikropolitik, abstrakte Maschine oder Commons, um Möglichkeiten einer stets involvierten Institutionskritik auszuloten. Es werden dazu u.a. Texte von Félix Guattari, Claire Parnet und Gilles Deleuze, Jean Oury, Georges Canguilhem, Michel Foucault, Frantz Fanon oder Stefano Harney und Fred Moten in Bezug auf zeitgenössische gesellschaftliche Herausforderungen und Widerstandsfelder (wie u.a. Migration, Arbeit und Multitude oder Schuldenökonomie) diskutiert.
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