Kommentar |
„Bildung“ und „Kultur“ seien – so Bollenbeck (1994) – ein deutsches Deutungsmuster, entstanden im Neuhumanismus und im Deutschen Idealismus. Thomas Mann bringt es ca. 100 Jahre später auf den Punkt, wenn er im Namen von „Kultur, Seele, Freiheit, Kunst“ gegen „Zivilisation, Gesellschaft, Stimmrecht und Literatur“ polemisiert. Immer werden damit ebenfalls Vorbehalte gegen Empirismus und Materialismus und schließlich – gegen Technik und technische Entwicklungen und auch gegen den Einsatz von Maschinen und technischen Medien in schulischer Bildung verbunden. Auf die Bedeutung dieses Musters im 20. Jahrhundert und die in dessen Kontext verstärkt erfolgende Auseinandersetzung mit Technik soll im Seminar der vertiefende Blick geworfen werden. Wir wollen für die 1920er und die 1950er Jahre untersuchen, wie die im pädagogischen Feld geführten Diskurse über Technik diese selbst thematisieren, welche Herausforderungen man damit verbunden sieht und wie sich entsprechende Diskurse schließlich in den 1960er und 1970er Jahren möglicherweise verändern (vgl. Kurig 2015). Wir werden dazu Texte untersuchen – Texte aus dem Umkreis der geisteswissenschaftlichen Pädagogik, solche, in denen sich Lehrkräfte, Lehrerverbände und Schulverwaltungen äußern und – zumindest für die 1950er und 1960er Jahre – auch Texte, Bilder und Karikaturen in den Blick nehmen, die von Schülerinnen und Schülern in Schülerzeitungen veröffentlicht wurden. Auf diese Weise können wir erkennen, ob und wie sich das alte deutsche Deutungsmuster „Bildung“ transformiert fortsetzt – oder endgültig ad acta gelegt werden konnte. |