Kommentar |
Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie haben in diesem Jahr nicht zuletzt auch auf die religiöse Praxis von Menschen ausgegriffen und sie verändert. Gemeinde ohne physisch kopräsente Gemeinschaft, Gottesdienst an vereinzelten Küchentischen und zaghaft besungene Bildschirme. Für die kirchliche Ausdrucksform von Religiosität ist das insofern ein Problem, als die Kirche doch in besonderem Maße auf Gestaltung durch eine Gruppe von sich physisch begegnenden Menschen angewiesen scheint, also auf Interaktion zwischen leiblich präsenten Menschen. Den damit aufgeworfenen Fragen geht die Übung nach und fragt: Ist Religion etwas, was man allein „machen" kann? Ist Religion also schwerpunktmäßig als individuelle Sinndeutung zu fassen (Th. Luckmann)? Oder ist „Geselligkeit" (F. D. E. Schleiermacher) dem Wesen christlicher Religionen inhärent? Hat Religion ihren Ort am/im Individuum in persönlicher Aneignung oder schafft sie sich erst Raum und Ausdruck in Gemeinschaft – als Kirche, als individuelle spirituelle Praxis, als Experti*innendiskurs?
Wenn aber Religion wesentlich auf gemeinschaftliche Vollzüge angewiesen ist - welche Sozialformen (E. Troeltsch) des Religiösen lassen sich denken? Was bedeutet Religion der Gesellschaft, was Gesellschaft der Religion und gibt es gar Gesellschaft als Religion (E. Durkheim)? Und welche Bedeutung kommt hierbei den verfassten Kirchen zu? Insbesondere der protestantische Kirche ist diese Spannung zwischen individueller Frömmigkeit und gemeinschaftlichen Praxisvollzügen als Unruhemoment eigen. In der Übung werden einschlägige Texte der Religions- und Kirchentheorie diskutiert und in den Spannungsfelder von Individualität und Sozialist sowie Universalität und Partikularität miteinander ins Gespräch gebracht und auf mögliche Konkretionen befragt. Die Übung dient unter dieser thematischen Verdichtung der Vorbereitung auf die Praktika und reflektiert grundsätzlich kirchentheoretische und pastoraltheologische Positionen. |