Kommentar |
Die Vorlesung präsentiert die Kirchengeschichte in der Zeit des Nationalsozialismus aus ungewohnter Perspektive: im Vergleich von Deutschland und Italien. Die Geschichte beider Länder weist in der zweiten Hälfte des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bemerkenswerte Parallelen auf, es gibt aber auch wichtige Unterschiede, wie sich gerade auch am komplexen Verhältnis von italienischem Faschismus und deutschem Nationalsozialismus zeigt. Die vergleichende Faschismusforschung hat dieses Verhältnis gründlich untersucht, und es drängt sich geradezu auf, den Vergleich auf das Gebiet der Kirchengeschichte auszuweiten. Die Vorlesung tut das, indem sie vor dem Hintergrund der allgemeinen Geschichte Deutschlands und Italiens im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert der Entwicklung der christlichen Kirchen hier wie dort und den Auswirkungen der totalitären Herrschaft auf die Kirchen nachgeht. Besonderes Interesse gilt dabei dem Protestantismus, weil sich gerade im Vergleich des Mehrheitsprotestantismus in Deutschland und des Minderheitsprotestantismus in Italien viel über die jeweiligen Eigenarten lernen läßt. Aber auch die Geschichte der römisch-katholischen Kirche wird ausführlich behandelt, wobei neben dem Papsttum auch die nationalen Kirchen mit ihren regionalen Eigenarten in den Blick kommen. Während die deutsche Geschichte und Kirchengeschichte in den Grundzügen vertraut sein dürften und die Vorlesung sich hier auf die Wiederholung und Vertiefung des in der Zyklusvorlesung vermittelten Stoffs beschränken kann, vermittelt sie das Grundwissen über italienische Geschichte und Kirchengeschichte der 1920er bis 1940er Jahre. Besondere Berücksichtigung findet dabei die aktuelle italienische Faschismusforschung, die in neuer Weise das Phänomen der "politischen Religion" in den Blick genommen hat (z.B. Emilio Gentile), was sich für das tiefere Verständnis der Kirchengeschichte nutzbar machen läßt. Mit der Geschichte und Kirchengeschichte kommen auch die unterschiedlichen Erinnerungskulturen in den Blick, was in Gestalt forschungsgeschichtlicher Überblicke thematisiert wird. Obwohl die Vorlesung die heutige Situation nicht eigens behandelt, dürfte das in ihr vermittelte Wissen helfen, die gegenwärtige Lage von Politik und Religion in Deutschland und Italien besser zu verstehen. La lingua del corso è il tedesco, ma è possibile discutere in italiano. |