Kommentar |
Thema dieser Vorlesung ist das komplexe Spannungsverhältnis von Philosophie und Medizin im griechischen Denken und dessen Entstehung und Entwicklungslinien von der klassischen Zeit bis zur Kaiserzeit. Durch die Erörterung von exemplarischen Stellen der Vorsokratiker, dem Corpus Hippocraticum, Platons Dialogen, den biologischen Werken des Aristoteles, dem Corpus Galenicum und den Selbstbetrachtungen des römischen Kaisers Marc Aurel sollen die erkenntnistheoretischen Gründe und kulturgeschichtlichen Bedingungen dafür untersucht und nachvollzogen werden, dass es sich hierbei um ein Verhältnis zwischen zwei Wissensformen handelt, die in fortwährendem Wettbewerb standen und sich trotzdem als voneinander abhängig – und miteinander eng verknüpft – wahrnahmen. Als roten Faden unserer Betrachtung werden wir medizinische und philosophische Auseinandersetzungen mit folgenden Kernfragen in Betracht ziehen: Was ist die Seele und in welchem Verhältnis steht sie zum Körper? Was ist das Denken und womit denken wir? Wodurch können wir das Wesen der Seele und ihr Vermögen erkennen und beeinflussen, ihre Gefühle und Emotionen steuern, ihre Krankheiten heilen?
Am Ende der Vorlesung wird es deutlich sein, dass Philosophie und Medizin ein paradoxes Schicksal teilen: Je mehr sie versuchen, sich voneinander abzugrenzen, und je mehr sie für den epistemologischen Vorrang der einen Wissensform vor der anderen kämpfen, desto deutlicher werden ihre grundsätzliche Verwandtschaft und ihre gemeinsame Sorge um das Wohlsein des Menschen, sei es als Glückseligkeit oder Gesundheit verstanden, und die richtige Lebensart, die dazu führt.
Die Primärquellen werden ein paar Tage vor jeder Sitzung in Moodle hochgeladen. Eine vollständige Literaturliste wird am Anfang des Semesters zur Verfügung gestellt. |