Kommentar |
In der heutigen zerrissenen, durch Kriege und soziale Konflikte geprägten Welt scheint die Frage nach der Vollkommenheit — ob diese überhaupt denkbar ist, falls ja, was genau darunter zu verstehen ist, und schließlich, wie diese zu verwirklichen wäre — besonders relevant zu sein. Die Bestimmungsextreme des Vollkommenheitskonzepts scheinen einander auszuschließen: Einerseits wird die Möglichkeit, das Vollkommene begrifflich zu fassen, in Frage gestellt, stattdessen wird auf seine mystische Erfahrbarkeit gesetzt. Andererseits wird nach einer rationalen Bestimmung des Begriffs gesucht. Der Fokus der Veranstaltung wird auf folgenden Forschungsfragen liegen: 1). Wie lässt sich ein einheitlicher Begriff der Vollkommenheit herausarbeiten und was sind die grundlegenden Kriterien eines solchen Begriffs? 2). Wie wird das 'Vollkommene' in unserer Gesellschaft heutzutage konzipiert bzw. vor- und dargestellt? D i e theoretische Auseinandersetzung mit der ersten Forschungsfrage wird in Anlehnung an die Grundlagen der Klassischen Deutschen Philosophie (für welche die Bestimmung des Unbedingten — und somit des Vollkommenen — einen der konstitutiven Bestandteil des gesamten Programms darstellt) und in Bezug auf die theologischen und künstlerischen Strömungen, welche die klassischen deutschen Philosophen im Wesentlichen beeinflusst haben, unternommen werden. Erstens wi r d nach dem ästhetischen Verständnis des Vollkommenen gefragt; zweitens wird die religiöse Vorstellung „Gott“, die am häufigsten mit der Vorstellung des Vollkommenen in Zusammenhang gebracht wird, untersucht und schließlich wird dem philosophischen Konzept des Vollkommenen bzw. des Unbedingten nachgegangen. In diesem Zusammenhang werden wir die Kantische Begrenzung des Denkvermögens und die Hegelsche Antwort darauf diskutieren (in Anlehnung an die Textauszüge von Kants „Kritik der reinen Vernunft“ und der „Kritik der Urteilskraft“ und Hegels „Vorbegriff“ aus der „Enzyklopädie“ von 1830). I m praktischen Teil der Veranstaltung erarbeiten die TeilnehmerInnen selbstständig eigene Forschungsprojekte (allein oder in kleinen Arbeitsgruppen), indem sie representative Fallbeispiele zum Thema „Vollkommenheit in der heutigen Welt“ frei aussuchen und gemäß der zuvor erarbeiteten Kriterien des Vollkommenheitsbegriffs analysieren. Sollte das Interesse bestehen, wären Präsentationen ausgewählter Fallbeispiele auch in außeruniversitären Kreisen (Museen, Kirchen usw.) denkbar. Am Ende des Semesters ist ein Symposium geplant, in dem die Forschungsergebnisse unserer gemeinsamen Arbeit (in Vortragsform) präsentiert werden. Die Veranstaltung richtet sich an Bachelor und Master-Studierende, die sich mit der Frage nach der Vollkommenheit philosophisch, theologisch, kultur- und literaturwissenschaftlich auseinandersetzten möchten, um erste Forschungserfahrungen zu sammeln und eigene Forschungsprojekte zu entwickeln.
Aufgrund des offenen und kooperativen Charakters des Seminars bitte ich die InteressentInnen im Vorfeld um eine kurze Anmeldung per Email: klauser.veronika@gmail.com |