Kommentar |
Die meist als „späte Republik“ bezeichnete Epoche der römischen Geschichte hat seit dem Beginn moderner Geschichtswissenschaft besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die gescheiterten Agrarreformen der Gracchen, der Kampf zwischen Marius und Sulla, der Sklavenaufstand des Spartacus, Ciceros Konsulat und die catilinarische Verschwörung, der Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius, Caesars Diktatur und seine Ermordung im Senat: „Was Wettkampf großer Persönlichkeiten betrifft,“ so konstatierte der Basler Kulturhistoriker Jacob Burckhardt, „so ist diese Zeit die erste in der Weltgeschichte.“ Aber auch auf der Ebene der Strukturgeschichte handelt es sich um eine außergewöhnliche Epoche. Schon Montesquieu (1734), der mit einem Dekadenz-Narrativ arbeitete, kam zu einem paradoxen Ergebnis: Die Römer seien an ihren eigenen Tugenden zugrunde gegangen. Spätere Autoren deuteten die Veränderungen als „Revolution“ (Theodor Mommsen, Alfred Heuß), als „Verrechtlichung“ der politisch-sozialen Ordnung (Jochen Bleicken) oder als „Krise ohne Alternative“ (Christian Meier). Die Vorlesung geht aus von den strukturellen Bedingungen der „klassischen“ Republik, verfolgt die Grundlinien der spätrepublikanischen Ereignisgeschichte und fragt abschießend nach einer angemessenen Konzeptualisierung des prozessualen Verlaufs, an dessen Ende das römische Kaisertum stand. |
Literatur |
Montesquieu, Größe und Niedergang Roms. Considérations sur les causes de la grandeur des Romains et de leur décadence [1734]. Mit den Randbemerkungen Friedrichs des Großen. Übs. und hg. von Lothar Schuckert, Frankfurt am Main 1980; Heuß, Alfred, Römische Geschichte, 6. Aufl., Paderborn u.a. 1998; Alföldy, Géza, Römische Sozialgeschichte, 4., völlig überarbeitete und aktualisierte Aufl., Stuttgart 2011; Meier, Christian, Res publica amissa. Eine Studie zu Verfassung und Geschichte der späten römischen Republik, 3. Aufl., Frankfurt am Main 1997 (ND 2017); Winterling, Aloys, ‘Krise ohne Alternative’ im Alten Rom, in: Monika Bernett, Wilfried Nippel, Aloys Winterling (Hg.), Christian Meier zur Diskussion. Autorenkolloquium am Zentrum für Interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld, Stuttgart 2008, 219-239; Walter, Uwe, Politische Ordnung in der römischen Republik, Berlin, Boston 2017. |