Kommentar |
Kosmopolitismus wird seit den 1990er Jahren vermehrt als globale Alternative für das bestehende Nationalstaatenystem diskutiert. Das Nachdenken über Kosmopolitismus als moralisches, politisch-rechtliches und ästhetisch-kulturelles Projekt fußt auf der Vorstellung universeller Werte, deren Eurozentrismus lange Zeit nicht wahrgenommen wurde. Ungleichheiten, die z.B. durch Kolonialismus global entstanden sind und auch heute individuelle und kollektive Partikularitäten prägen, sind dabei zunächst nicht berücksichtigt worden. Kosmopolitismus als universalistische Formel kann jedoch die historisch und kulturell ungleichen Realitäten von Individuen und Nationen nur reflektieren, wenn sie die durch kulturelle und politische Hegemonie entstandenen Spannungen berücksichtigt. Zugespitzt kann gefragt werden, von wessen Kosmopolitismus die Rede ist und was unter Welt verstanden wird, wenn dieses Konzept angeführt wird.
Im Seminar werden wir die grundlegenden philosophischen, politischen und literarischen Positionen, die den Begriff genealogisch-konzeptuell geformt haben, studieren. Wir diskutieren insbesondere, wie marginale bzw. periphere Kulturen zu einer kosmopolitischen Vision beitragen können und wie außereuropäische, insbesondere lateinamerikanische, Literatur ihre Zugehörigkeit zur Gesamtheit der Welt sowie zur Weltliteratur artikuliert. |