In den Medien ist immer häufiger von Einsamkeit die Rede. Gemeint ist meistens eine negativ verstandene Form der Vereinzelung von Individuen in der post-modernen, hochtechnologisierten Kommunikationsgesellschaft, deren Gegensatz die Geselligkeit ist. Einsamkeit ist jedoch ein vielschichtiges Phänomen. In der europäischen Romantik handelt es sich beispielsweise um ein positiv konnotiertes Symptom, das die transzendentale Erfahrung des Individuums ermöglicht. Beim Versuch den Begriff Einsamkeit zu bestimmen, zeigt sich, dass ihm ein interner Widerstreit inhärent ist, der sich einer Zuschreibung entzieht. Handelt es sich um ein Gefühl, einen Affekt oder einen Zustand? Ist Einsamkeit gut oder schlecht? Ist Einsamkeit ein innerer, selbst gewählter Zustand oder deutet sie vor allem auf die Abwesenheit von etwas bzw. jemand anderem hin? Ist sie das Resultat der Erfahrung der Verlassenheit, der Isolation und Ausgeschlossenheit, also das Gegenteil von Geselligkeit? Ist Einsamkeit ein individuelles Phänomen oder auch ein kollektives, das ebenso Gruppen, Kulturen und Nationen betreffen kann?
Im Seminar werden wir uns mit literarischen Beispielen unterschiedlicher Epochen aus dem spanischsprachigen Kulturraum beschäftigen. Besondere Berücksichtigung wird dabei die lateinamerikanische Literatur finden. Wir lesen gemeinsam ausgewählte Texte, trainieren den analytischen Umgang mit verschiedenen literarischen Genres und erproben unterschiedliche theoretische Zugänge, um einen Überblick über das Problemfeld Einsamkeit in Literatur und Kultur zu erlangen.
Bitte lesen Sie zur Vorbereitung während der Semesterferien:
Gabriel García Márquez. Cien años de soledad. Edición conmemorativa de la RAE y la ASALE. Alfaguara. (Erste Ausgabe 2007; 2. Ausgabe 2017)
Falls Sie eine deutsche Übertragung konsultieren möchten, empfehle ich Ihnen die von Dagmar Ploetz: Gabriel García Márquez: Hundert Jahre Einsamkeit. Kiepenheuer & Witsch. Köln. 2017. |