Bedeutungsebenen von Dreck im Berliner urbanen Raum
Dass das Stadtbild in einigen Gegenden Berlins mehr durch Dreck und Müll geprägt ist, als in anderen, ist leicht zu beobachten. In Villenvierteln in Grunewald sind nicht nur Häuser groß und gepflegt, sondern auch der Fußweg auffällig sauber. In Nikolassee stehen auf reinen Wohnstraßen nicht einmal Mülleimer und trotzdem ist weit und breit kein Müll auf den Gehwegen zu sehen. Am Gesundbrunnen gibt es nicht nur mehr Ladenflächen und mehr Wohnparteien pro Gebäude, auch der Gehsteig ist mit deutlich mehr Unrat übersät und ab und zu stolpert man über einen ausrangierten Fernseher oder eine aufgequollene Sitzgarnitur. In Neukölln wird mit Graffiti mit dem Slogan „Neukölln bleibt dreckig“ regelrecht für Authentizität und gegen Gentrifizierung geworben.
In diesem Kurs führen die Studierenden gemeinsam unter Anleitung eine explorative Fallstudie durch, in der sie Erklärungsansätze für derartige Unterschiede in Bezug auf Dreck und Sauberkeit im Berliner Raum erfassen und diese kontextualisieren.
Denn was auf den ersten Blick leicht zu erklären scheint – weniger Passant*innen und niedrigere Populationsdichte im Grunewalder Villenviertel – wirft bei genauerem Hinschauen viele Fragen auf. Können oder wollen die Stadtreinigung und die Lokalpolitik eine höhere Populationsdichte nicht durch zusätzliche Leistung kompensieren? Und wer wird überhaupt als verantwortlich für die Verursachung von Dreck bzw. dessen Beseitigung angesehen?
Im Sinne des Forschenden Lernens führen die Studierenden in diesem Kurs ein eigenständiges Forschungsprojekt durch – von der Entwicklung der genauen Fragestellung über die Operationalisierung bis hin zur Präsentation der Resultate. Durch eigene Feldforschung in Berlin wird empirisches Material erhoben (z.B. durch Interviews, teilnehmende Beobachtungen, etc.), auch Medienberichte werden ausgewertet. Die Ergebnisse werden am Ende des Semesters öffentlich gemacht, beispielweise in Form eines Symposiums, einem Artikel, einem Podcast oder einer kleinen Ausstellung. Voraussetzung für die Teilnahme sind theoretische Vorkenntnisse in qualitativen Methoden der Sozialforschung. Das Seminar steht Studierenden verschiedener Fachrichtungen offen. Falls vorab Fragen bestehen, kontaktiert mich gerne unter der E-Mail-Adresse lisa.joeris@zmo.de. |