Kommentar |
Die ersten philosophischen Abhandlungen über die polis, die uns von Platon überliefert sind, sehen in der politischen Gemeinschaft Einrichtungen, die das friedliche Zusammenleben der Bürger sichern sollen. So bleibt es in der großen Tradition des politischen Denkens von Aristoteles bis in die Gegenwart. Zwar ist sich Platon darüber im Klaren, dass eine wohlhabende polis den Neid anderer auf sich zieht, so dass sie sich nicht nur Mauern und Wächter zulegen, sondern sich notfalls auch durch vorbeugende Angriffe gegen mögliche Feinde schützen muss. Doch die vorrangige Aufgabe ist stets, den Frieden zu sichern.
So bleibt es in den philosophischen Staatstheorien auch noch im späten Mittelalter, wenn Marsilus von Padua den Staat als defensor pacis bezeichnet, und in der Neuzeit, wenn Hobbes im Leviathan die Sicherung des Friedens als das alles andere dominierende Ziel ansieht. Kant stellt in seiner kleinen Schrift Zum ewigen Frieden die Quintessenz seines politischen Denkens vor.
Diese Tradition des politischen Denkens wird in der Vorlesung im Zusammenhang vergegenwärtigt und die leitende Frage ist, wie es angesichts der durchgängigen Überzeugung, dass der Staat als das exponierte Subjekt des Friedens in seiner geschichtlichen Wirksamkeit vornehmlich als Subjekt von Kriegen in Erscheinung treten konnte? Es ist diese Dialektik, die im Durchgang verschiedenster Position – auch über Kant hinaus – erörtert werden soll. |