Kommentar |
Der frühneuzeitliche Gelehrte Leon Battista Alberti (1404–1472), der als Architekt, Architektur- und Kunsttheoretiker, Jurist und Bürgerhumanist jeden modernen „Disziplinierungsversuch“ sprengt, bewegte sich wie selbstverständlich zwischen verschiedenen Medien und Wissenschaften. Dem schreibenden Denken als Prozess der Gestaltung von Lebenswelt kam dabei eine grundlegende Rolle zu, um u.a. über Begriffe wie Anmut, historia, das Verhältnis von ethos und pathos, die architektonisch gestaltete Stadt als politischen Raum oder auch die Seelenruhe nachzudenken. Ziel des Seminars ist es, in der gemeinsamen Lektüre die vielzähligen Beziehungen zwischen Albertis Schriften mit kunst- und architekturtheoretischer Ausrichtung sowie denjenigen mit verstärkt bürgerhumanistischem und philosophischem Ansatz auszuloten. Neben der Analyse ausgewählter Passagen aus dem De pictura, dem De statua und dem De re aedificatoria werden wir uns auch mit dem Momus sowie mit Albertis Autobiographie auseinandersetzen. Am Ende des Semesters soll dann ein Blick auf die bis jetzt nur in Teilen ins Deutsche übersetzte Schrift Über die Seelenruhe geworfen werden. Dieses Close Reading wird dabei gezielt von einer Auswahl antiker und mittelalterlicher Schriften begleitet, die für das Verständnis von Albertis Denken unabdingbar sind. Dazu zählen etwa Auszüge aus Vitruvs De architectura, Plinius‘ Historia naturalis oder stoische Abhandlungen. Nicht zuletzt soll im gemeinsamen Dialog herauskristallisiert werden, inwiefern Albertis Denken, in dem Kunst, Ethos und Politik unauflöslich miteinander verwoben sind, auch für unsere Gegenwart von Bedeutung ist. |