Kommentar |
Unter sehr unterschiedlichen Vorzeichen entwickelt sich in den britischen und deutschen Nachkriegsgesellschaften eine Poetik weiter, die als Literatur der Arbeiterklasse oder als Literatur von unten/working class literature verhandelt wird. Mit einer langen Tradition in der englischen Literatur, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht (labouring poets), in der DDR gepriesen oder verboten, arbeitet sich diese Literatur nicht nur hier an Fragen ab, die man einst als Nebenwidersprüche im Klassenkampf begriff, so Generations- und Geschlechterkonflikte oder Diversität; schließlich geht es in jüngerer Zeit um postindustrielle Leben, um die Gefährdung von traditionellen communities ebenso wie der Umwelt. In der Ästhetik dieser Literatur, aber auch der mit ihr korrespondierenden Filmproduktionen zeigt sich hierbei, je nach Lager, eine Pluralität, die von Varianten eines Sozialistischen Realismus über einen ostentativen Dokumentarismus bis zu Strategien eines radikalen Subjektivismus bestimmt wird. Mit ausgewählten Beispielen solcher Produktionen beschäftigt sich das Seminar genauer, mit anderen des Überblicks willen kursorisch.
Die Verkehrssprache des Seminars ist überwiegend Deutsch.
Mögliche Texte für die Lektüre (das Seminar wird sich anfangs auf eine Auswahl verständigen; fett gedruckte Titel sind gesetzt):
- Eduard Claudius: Menschen an unserer Seite (1951)
- Werner Bräunig: Rummelplatz (1965/2007)
- Max von der Grün: Irrlicht und Feuer (1963)
- Erika Runge: Bottroper Protokolle (1968)
- Franz Innerhofer: Schöne Tage (1973)
- Aras Ören: Was will Niyazi in der Naunynstraße (1973)
- Maxi Wander: Guten Morgen, du Schöne (1977)
- Gernot Wolfgruber: Niemandsland (1978)
- Ludwig Fels: Ein Unding der Liebe (1981)
- Ralph Rothmann: Milch und Kohle (2000)
- Clemens Meyer: Die Nacht, die Lichter (2007)
- Alan Sillitoe: The Loneliness of the Long-Distance Runner (1958)
- Raymond Williams: Second Generation (1964)
- Barry Hines: A Kestrel for a Knave (1968)
- James Kelman: Busconductor Hines (1984); Dirt Road (2016)
- Irvine Welsh: Trainspotting (1999)
- Laura Hird: Born Free (1999)
- John Burnside: Living Nowhere (2003)
- John McGregor: Even the Dogs (2010)
- Graeme Macreae Burnet: His Bloody Fiction (2016)
The Lektürekurs is designed to engage with seminal historical/cultural studies of working-class culture, such as E. P. Thompson’s The Making of the English Working Class (extracts) and Richard Hoggart’s The Uses of Literacy (1957; please obtain your own copy). |