Kommentar |
Weibliche Herrschaft scheint in der Perspektive der Moderne ein Ergebnis feministischer Emanzipation zu sein. Wirft man jedoch einen Blick in die frühe Neuzeit, häufen sich Fälle weiblicher Machtausübung in überraschender Weise. Nordeuropa hatte daran einen signifikanten – wenn auch nicht überproportionalen – Anteil. Im Unterschied etwa zum 20. Jahrhundert erwies sich der Norden hier nicht als Vorreiter, sondern eher als europäischer Normalfall, verbunden mit einigen interessanten Spezifika. Im Mittelpunkt des Seminars stehen die Biographien einzelner Herrscherinnen oder Ehefrauen, die aus dem Hintergrund heraus ihre Staaten regierten. Dabei wird es zum einen darum gehen zu klären, welche politischen, rechtlichen, ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen weibliche Herrschaft ermöglichten, zum anderen werden das historiographische Genre der Biographie und die Frage zu untersuchen sein, inwiefern biographische Fallstudien dazu geeignet sind, ein gesellschaftsgeschichtlich repräsentatives Bild weiblicher politischer Lebenswirklichkeit in der frühen Neuzeit zu entwerfen. Außerdem werden wir die Semantik des frühneuzeitlichen „Norden“-Begriffs untersuchen und damit die Frage verbinden, ob es einen spezifisch nordeuropäischen Typus frühneuzeitlicher weiblicher Herrschaft gibt.
Studierende der Geschichtswissenschaften sind herzlich eingeladen, an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Skandinavische und ostseefinnische Sprachkenntnisse sind nicht unbedingt von Nöten. |
Literatur |
Einführende Literatur: Susanne Rode-Breymann (Hg.): Der Hof: Ort kulturellen Handelns von Frauen in der Frühen Neuzeit, Köln etc. 2013. Natalie Zemon Davis: Frauen, Politik und Macht, in: Georges Duby, Michelle Perrot (Hgg.): Geschichte der Frauen, Bd. 3: Frühe Neuzeit (hg.v. Arlette Farge und Natalie Zemon Davis), Frankfurt/M.-New York 1994, S. 189-210. |