Kommentar |
Was sind Träume und wie entstehen sie? Warum träumen wir? Und wie lassen sich Traum und Realität voneinander unterscheiden? Denn dass das ganze Leben womöglich nur ein Traum sei – dieser alte Gedanke hat sich bis heute als Vorbehalt gegen die für unser alltägliches Denken und Handeln so selbstverständliche Annahme einer real vorgegebenen Welt erhalten. Noch lange bevor Sigmund Freud mit seiner Traumdeutung im Jahr 1899 den Traumdiskurs auf dem Gebiet der Psychoanalyse entscheidend geebnet hat, gab es bereits Auseinandersetzungen mit dem Phänomen des Traums, der in der Gesellschaft, Kultur und Religion sowohl der westlichen als auch der (mittel-/fern)östlichen Welt eine wichtige Stellung einnahm und seitdem immer wieder auf die unterschiedlichste Weise durchdacht worden ist. So findet sich bereits im Gilgamesch-Epos aus der babylonischen Zeit ein erstes Zeugnis zur Bedeutung des Traums; in der griechischen Antike wurde der Topos des Traums dann durch Platon (Politeia, Phaidon, Timaios) und besonders durch Aristoteles (De somno et vigilia; De insomniis) untersucht; eine systematische Auseinandersetzung findet sich dann in dem fünfbändigen Traumbuch (Oneirokritika) des antiken Traumdeuters Artemidor von Daldis, das sich bis in die Renaissance hinein besonderer Beliebtheit erfreute und noch von Freud zitiert wird. Was verstand man im Laufe der Zeit jeweils unter Träumen, und welche Rolle kam ihnen in Bezug auf die Philosophie zu? Wie lassen sich Träume verstehen bzw. interpretieren? Und schließlich: Wie lässt sich über Träume als anthropologische Konstante urteilen? Diesen Fragen soll im Rahmen dieses Q-Teams nachgegangen werden.
Hierfür werden einige wichtige Stationen dieses Nachdenkens über Träume nachgezeichnet, die von der Antike (Mythologie, Hesiod, Homer, Platon, Aristoteles, Artemidor, Cicero, Lukian) über das Mittelalter (Augustinus, Ibn Sīrīn) bis hin zur (frühen) Neuzeit (Descartes, Locke, Kant, Schopenhauer, Nietzsche, Bergson) reichen. Neben Schriften der Philosophie sollen dabei auch wichtige Traumszenen in der Literatur (Shakespeare, Calderón, Goethe, Hoffmann, Jean Paul, Baudelaire, Carroll, Gogol, Dostojevskij, Rimbaud, Kafka, Borges et al.), in der bildenden Kunst (Bosch, Friedrich, Goya, Breton und der Surrealismus), im Film (Murnau, Lynch, Nolan, Gondry) und in der Musik (Beethoven, Schubert, Wagner) für die Entwicklung einer eigenen Forschungsfrage in Betracht gezogen werden. Die Ergebnisse dieses Q-Teams sollen am Ende des Semesters im Rahmen eines eintägigen Workshops präsentiert werden. Dieses Q-Team kann je nach Präferenz in Deutsch oder Englisch geführt werden. |