Kommentar |
„Erst ein mit Mythen umstellter Horizont schliesst eine ganze Culturbewegung ab.“ (Nietzsche) Mit der Moderne hat sich der Horizont gelichtet – ja, die Horizonte dessen, was denkbar und möglich ist, sind selbst kontingent geworden. Aus den tiefgreifenden sozialen, ökonomischen und kulturellen Umwälzungen erwuchsen auch politische Strömungen, welche die Errichtung einer neuen großgesellschaftlichen Ordnung und die Schaffung eines „neuen Menschen“ anstrebten. Mit den Katastrophen des frühen 20. Jahrhunderts wurde der fortschrittsoptimistische Glaube, es ließe sich eine von mythischer Unvernunft gereinigte, vernünftige Weltordnung errichten, schwer erschüttert. Derweil ist die Postmoderne angetreten, Großmetaphern wie das „Leben“ oder die „Natur“, welche an die Stelle traditioneller Metaphysik traten, aber auch den Vernunftbegriff zu dekonstruieren, und das Ende der Metaerzählungen zu verkünden. In dieser unabgeschlossenen Kultur mit unverstelltem Horizont, nach dem Verlust eines allgemein-verbindlichen Standpunkts der Vernunft, ist allerdings unklar, was sich der Logik des Neuen, des technisch Machbaren und des kapitalistisch Verwertbaren überhaupt noch entgegensetzen lässt.
Hat die Vernunft dabei gänzlich ausgedient? Welche Rolle spielt in dieser Situation der Mythos und wo lassen sich in soziologischer, anthropologischer und kultureller Hinsicht funktionale Äquivalente identifizieren?
Wir setzen im zweiten Semester unsere „Arbeit am Mythos“ (Blumenberg) fort und steigen in die französisch-deutsche Debatte um Mythos, Vernunft, Moderne und Postmoderne ein. Neben einem vertieften theoretischen Verständnis interessieren uns auch die „Mythen des Alltags“ (Roland Barthes).
Neueinsteiger*innen sind herzlich willkommen!
Kontakt
Steven Sello: steven.sello@hu-berlin.de
Jakob Schultz: jakob.schultz@hu-berlin.de
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