Kommentar |
Das Gebären als Ereignis widerfahrenden Geworfenseins, leiblicher Transformationen, Desubjektivierung, Intersubjektivität und Abjektion stellt eine Herausforderung für ihre Medialisierung dar. In ihrer extremen Tabuisierung und phantasmatischen Besetzung zeigt sich eine historische Bildpolitik der Sauberkeit, der Romantisierung und technologischen Beherrschung, in welchen Ausnahmezustand und Pathos negiert und reglementiert werden. Die historische Koinzidenz feministischer Bewegungen und neuer Medien des Films, der Fotografie oder Social Media greift die lange Zeit vorherrschende Ästhetik des Tabus an und veröffentlicht mit einer neuen Sichtbarkeit graphische Bilder von Geburtsszenarien, die einen immer auch politischen Umbruch des Verständnisses von Körperbildern, Gender und Subjektivität markieren. Das Seminar behandelt den Topos Geburt als Scharnier zwischen Diskursen um Natur/Kultur und versucht anhand der Analyse konkreter Gegenstände (wie Aufklärungsmedien, Spiel- und Horrorfilmen, Internetplattformen, Kunstprojekten, Reportagen) vor allem die fiktiven, projektiven, phantasievollen Sphären von Geburtsdarstellungen, der Gestaltung von Geburtsprozessen und ihrer Repräsentationen nachzuzeichnen. |
Literatur |
Eva Labouvie: Andere Umstände: eine Kulturgeschichte der Geburt, Böhlau, 2000.
Ulrich Pfisterer: Kunst-Geburten. Kreativität, Erotik, Körper, Berlin, 2014.
Lisa Baraitser und Imogen Tyler: Private View, Public Birth: Making Feminist Sense of the New Visual Culture of Childbirth, in: Studies in the Maternal, 5(2), 2013.
Imogen Tyler: Introduction: Birth, in: Feminist Review, 93(93), November 2009.
Della Pollock: Telling Bodies Performing Birth. Everyday Narratives of Childbirth, New York, 1999.
Cecilia Colloseus: Gebären - Erzählen: Die Geburt als leibkörperliche Grenzerfahrung, Frankfurt aM, 2018.
Maggie Nelson: Die Argonauten, Berlin, 2017. |