Nachdem wir im ersten Semester unseren Blick auf die USA gerichtet haben, soll es im zweiten Teil des Projekttutoriums zunächst um den deutschsprachigen Raum gehen. Auch in Deutschland nimmt die mediale Aufmerksamkeit für charismatische Phänomene und die Frage nach der Rolle der öffentlichen Rede zu. Der Blick ist jedoch meist ein besonders distanzierter; abgesehen von zu kritisierenden Figuren am rechten Rand scheint die öffentliche Kultur weit von Propheten und charismatischen Momenten entfernt.
Auch wenn charismatische Rede und prophetische Rhetorik in der deutschen Öffentlichkeit lange nicht so präsent sind wie in der amerikanischen (politischen) Kultur, lassen sich deutliche Spuren finden - so zumindest die These des Tutoriums. Ausgehend von theoretischer Literatur über Charisma und Prophetie sowie den Propheten im Alten Testament wollen wir diese Spuren nachverfolgen und offenlegen. Literatur der Weimarer Republik von Ernst Jünger bis Martin Buber, die Propaganda der NS-Zeit sowie ihre Aufarbeitung nach dem 2. Weltkrieg sollen uns dabei helfen, auf Spurensuche zu gehen. Je nach Interesse der Teilnehmenden kann im letzten Drittel des Semesters unterschiedliches Material in Gruppen selbstständig analysiert werden. Ziel ist es, im Verlauf des Tutoriums wieder vielfältige Quellen nach ihrem charismatischen Gehalt zu befragen und ihren verborgenen wie offenbaren Verbindungen; aber auch ihren Unterschieden nachzugehen und in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Das Projekttutorium ist offen für alle Interessierten: Vorkenntnisse und die Teilnahme am ersten Teil des Projekttutoriums sind explizit keine Bedingung. |