Angeregt durch den Begriff der „strukturellen Gewalt“ (Johann Galtung) entwickelte sich seit den 1990er Jahren eine Theoriedebatte zu verschiedenen Gewaltformen: Pierre Bourdieu sprach von „Gewaltarbeit“ bzw. „sanfter Gewalt“. Michel Foucault prägte den Begriff der „infinitesimalen Gewalt“, Jan-Philipp Reemtsa den der „autotelischen Gewalt“. Alf Lüdtke konturierte den Begriff der „kleinen Gewalt“. Elissa Mailänder Kosslow machte eine „Mikrodynamik der Gewalt“ geltend. Jacques Sémelin brachte den Begriff der „extremen Gewalt“ in die Diskussion ein. Die Gender Forschung untersucht „sexuelle“ und „sexualisierte Gewalt“. Kann diese Theoriediskussion für die zeithistorische Bildforschung fruchtbar gemacht worden? Im Seminar soll der Begriff des „Gewaltbildes“ geschärft und für die Untersuchung von Gewaltbildern und Zwangsfotografien (Lynching, Folter, Menschenjagd, Massaker, Erschießungen, Schändungen, Entblößungen, Beschämungen) genutzt werden. Welche Rolle spielen Gewaltbilder für die Choreographie und Habitualisierung von Körpertechniken und Praktiken der Gewalt? Worin besteht demgegenüber eine spezifische „Bildgewalt“. Hat sie gewaltförderliche oder kathartische Wirkung? Bedient sie voyeuristischen bzw. sadistischen Genuss (Susan Sontag)? In welchen Situationen dokumentieren und bezeugen Bilder Gewalt (George Didi-Huberman)? Wann machen sie gewalt- und kraftlos (Jacques Derrida), wann wird ihnen selbst mit Gewalt begegnet (Ikonoklasmus)?
Im Seminar werden wir gemeinsam ein Archiv mit Gewaltbildern erstellen. Ein Reader mit ausgewählten Texten wird zur Verfügung gestellt.
Teilnahmebedingung: Erstellung eines Sitzungsprotokolls, Mitwirkung in einer Expert*innengruppe zur Erarbeitung von Diskussionsfragen für eine Sitzung.
Veranstaltung beginnt am 17. April!!! |