Kommentar |
Das Medium Film ist seit seiner Erfindung eng mit dem Topos Angst verknüpft. Verglichen mit anderen akustischen, visuellen oder auch schriftlichen Medien ist es in besonderer Weise geeignet, Angst und Furcht, Horror und Schrecken künstlerisch zum Ausdruck zu bringen und für die Zuschauenden intensiv nachempfindbar zu machen. Im Mittelpunkt zahlreicher (audio-)visueller (populärkultureller) Artefakte steht seit Ende des 19. Jahrhunderts daher, diverse ‚Spielformen der Angst‘ (Koch 2013) zu inszenieren. Dabei werden ein breites Spektrum individueller und kollektiver Angstszenarien dargestellt bzw. affektive Angstreaktionen bei den Zuschauenden erzeugt. Die internationale Spielfilmkultur kennt zahlreiche ästhetische Strategien, um realitätsbasierte Angstordnungen auf symbolischer Ebene zu verhandeln und mitunter Gegenmittel gegen Angst zu ersinnen. Angstwissen wird hier auf multiple Weise dynamisiert, rekombiniert und transformiert – dies kann neben Verstörung und Irritation durchaus auch lustvolle und selbstversichernde Anteile mit sich bringen. Dabei erweist sich der Film als elaboriertes und phantasievolles Instrument, um Verbindungswege oder „Passagen“ (Michel Serres) zwischen der Realität und der fiktiven Sphäre herzustellen. Internationale Angstfilme dienen nicht nur als Speicher und Archive verschiedensten Angsterlebens, sondern müssen als multifunktionale Reflektoren, kritische Kommentatoren und Transformatoren der zitierten (wissenschaftlich-theoretischen) Angstdiskurse aufgefasst werden.
Die Vorlesung führt zunächst in einschlägige philosophische, psychologische und psychoanalytische Angsttheorien ein (u.a. Benjamin, Blumenberg, S. und A. Freud, Kierkegaard, Tillich). Punktuell wird daraufhin deren Verschaltetsein mit filmisch verfasstem Angstwissen aufgezeigt – vor allem entlang US-amerikanischer Filmgenres der 1960/70er Jahre (atomare Bedrohung, Kalter Krieg, Vietnamkrieg, Biotechnologien, Reproduktionsmedizin, Frauenbewegung, Civil Rights Movement). Aber auch jüngere Fragen nach filmischer Angstabwehr geraten in den Blick, wie beispielsweise im Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts. Gefragt wird danach, wie im jeweiligen Beispiel Angstreaktionen cineastisch ausgestaltet („freezing“, „fight-or-flight“), gegebenenfalls subvertiert oder durch innovativ-kreative Handlungen überwunden werden (z.B. „Angstlust“, thrillseeking, suspense, „scream queens“, Opfer/Täter-Umkehr/„female victim-heroe“). In einer Rückkoppelungsschleife wirkt das filmisch generierte Wissen über Angstfunktionen wiederum auf den sozialen Körper und die wissenschaftliche Wissensproduktion zurück und steuert deren Wahrnehmung von und Umgang mit Angst. |