Gruppe 1 - Brunner:
Untersuchungen zur Aufsatzbewertung zeigen gravierende Unterschiede zwischen den einzelnen Lehrkräften. Während für einige Lehrkräfte ein Satz wie “Er bekam den Arm geschient.” absolut akzeptabel ist, halten andere dieses Rezipientenpassiv für kritikwürdig. Ziel des Kurses ist es, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass sprachliche Äußerungen (jenseits der Orthographie) kaum in “richtig” oder “falsch” zu unterteilen sind. Auch die Unterteilung in “sprachlich angemessen” und “nicht angemessen” hat ihre Tücken. Aus dieser Tatsache soll jedoch nicht geschlussfolgert werden, dass Lehrkräfte auf ein Urteil zur Sprache der Schülerinnen und Schüler verzichten sollen. Ein Bewusstsein für sprachliche Variation kann jedoch helfen, einen eigenen Bewertungsmaßstab zu entwickeln und einzelne Bewertungen zu begründen.
Um ein Bewusstsein für die Kontinuität zwischen zwei Polen (angemessen und unangemessen) zu entwickeln, werden wir uns einige Beispiele sprachlicher Variation auf verschiedenen linguistischen Ebenen ansehen. Beginnen werden wir mit der dialektalen Variation. Daran anschließend werden wir uns mit diachroner Variation (“Sprachwandel”) beschäftigen und dabei einige gerade im Prozess befindliche Phänomene (etwa das Rezipientenpassiv) untersuchen. Abschließend werden wir uns mit dem sprachlichen Register beschäftigen.
Die Leistungspunktvergabe erfolgt für die Teilnahme, vorbereitende Lektüre und wöchentliche Hausaufgaben. Die Modulabschlussprüfung besteht aus einem Take-Home-Exam.
Gruppe 2 - Felfe:
„Die Sprache wird heute so schnell umgebildet, daß sie [...] verkommen und verlottert ist.“ schreibt Gustav Wustmann und benennt auch die Schuldigen: „Wo stammen sie denn her, die Deutschverderber der letzten vierzig Jahre, wenn nicht aus der deutschen Schule?“ Das war 1891. Im Jahr 2006 titelt Der Spiegel „Rettet dem Deutsch“ und Bastian Sick füllt Säle mit dem ‚Dativ, der dem Genitiv sein Tod ist’...
In dem Seminar werden wir uns eingehend mit Sprachwandel und Variation beschäftigen: Warum gebrauchen wir neben „gewinkt“ auch „gewunken“? Wie können die Formen linguistisch erklärt werden? Wie sollte mit Varianten umgegangen werden? Was ist eigentlich ein Fehler? Wie hat es auf sich mit ‚ganzen Sätzen’, die in der Schule von uns gefordert werden?
Vor diesem Hintergrund werden wir uns kritisch mit der Idee des Sprachverfalls beschäftigen und Zweifelsfälle, Variation und Wandel linguistisch untersuchen. |