Der Begriff Register bezieht sich in der Linguistik auf die spezifischen Eigenheiten des Sprachgebrauchs in Abhängigkeit von einer bestimmten Kommunikationssituation oder Textsorte, wobei insbesondere die sozialen Beziehungen zwischen den Kommunikationsteilnehmern und das Kommunikationsziel des Sprechers eine Rolle spielen. Die enorm lange Dokumentation der ägyptischen Sprache und die Tendenz, bestimmte Textsorten und Einzeltexte auch 2000 Jahre nach der Erstbezeugung noch mehr oder weniger unverändert zu verwenden, ziehen es zwangsläufig nach sich, dass das Nebeneinander und Miteinander unterschiedlicher Normen und Register vor allem in den jüngeren Perioden der Sprachgeschichte eine wichtige Rolle spielen: Die Zeit vom Ende der Achtzehnten Dynastie (um 1550-1300 v. Chr.) bis in die Römische Kaiserzeit zeichnet sich durch das Nebeneinander von Älterem Ägyptisch und Jüngerem Ägyptisch aus, das in der Ägyptologie gern als Diglossiesituation beschrieben wird: Normhierarchisch hoch angesiedelte Textsorten, insbesondere religiöse Texte, verlangten in der Regel die Verwendung der älteren Sprachform. Es versteht sich von selbst, dass es dabei auch ( in wechselndem Umfang) zu Interferenzen kam, die vorrangig durch die jeweils zeitgenössische Alltagssprache bewirkt worden sein dürften. Derartige Erscheinungen sollen ebenso in Veranstaltung behandelt werden wie solche Phänomene, die man als bewusst und zielgerichtet eingesetzte Registervariationen und Registerwechsel analysieren kann. Zu letzteren gehören etwa:
– Gruppenspezifische oder individuelle Sprachstile zur Kennzeichnung von Personengruppen oder Individuen (z.B. sogenannte "Reden und Rufe" von Handwerkern, verschiedene Individualstile zur Charakterisierung der als Erzähler auftretenden Söhne des Cheops in den Erzählungen des pWestcar),
– Einzeltexte mit markanter Registervariation (z.B. Kanalstelen Darius' I.),
– Registervarianz in der Textproduktion eines Individuums,
– Individueller Registerwechsel (z.B. in den "Klagen des Beredten Bauern", Fälle von anscheinend adressatenabhängigem Registerwechsel in Reden des Echnaton).
Nach einem einführenden Überblick werden den Teilnehmenden zunächst im Dozentenvortrag registerrelevante Besonderheiten ausgewählter ägyptischer Texte bzw. Textsorten sowie konkrete Beispiele von synchroner Variation vorgestellt. Danach werden in gemeinsamer Lektüre einschlägige Fälle von Registervariation und Registerwechsel genauer analysiert.
Voraussetzung zur Teilnahme sind gründliche Kenntnisse des Mittelägyptischen. Die Vertrautheit mit einem Chronolekt des Jüngeren Ägyptisch ist von Vorteil. |