An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wurden nordeuropäische Polar- und Hochgebirgsforscher in ihren Heimatländern wie Nationalhelden gefeiert. Dieses historische Phänomen lässt sich in einen zu dieser Zeit in den europäischen Gesellschaften weit verbreiteten imperialen Diskurs einordnen. Der Unterschied zu Großbritannien, Frankreich oder auch Deutschland bestand allerdings darin, dass die Nordeuropäer nicht über ein Kolonialreich verfügten und deshalb versuchten, einen Ausgleich durch Erfolge bei der Schließung „weißer Flecken“ auf der Landkarte zu schaffen. Im Seminar werden wir uns deshalb sowohl mit Imperialismustheorien und –interpretationen als auch mit einzelnen Polar- und Bergexpeditionen beschäftigen, die den nationalen (und internationalen) Ruhm der nordeuropäischen Staaten begründeten. Dabei wird das Studium von Primärquellen einen beträchtlichen Platz einnehmen. Auch die Frage, welche Länder zu „Nordeuropa“ zählten, ist zu beantworten. Gehörten beispielsweise auch Deutschland und Österreich dazu, die in dieser Zeit ein starkes Polarinteresse entwickelten und ebenfalls auf spektakuläre Expeditionen verweisen konnten?
Studierende der Geschichtswissenschaft und der Ethnologie sind herzlich willkommen, an diesem Seminar teilzunehmen. Studienleistungen können gemäß der Prüfungsordnungen dieser Fächer angerechnet werden. Sprachkenntnisse in nordeuropäischen Sprachen sind von Vorteil, aber keine Teilnahmevoraussetzung.
Einführende Literatur: David Mountfield: Die großen Polarexpeditionen. Eine illustrierte Geschichte abenteuerlicher Entdeckungen, Wiesbaden 1978. – Erhard Oeser: Die Jagd zum Nordpol. Tragik und Wahnsinn der Polarforscher, Darmstadt 2008. – Matti Lainema/Juha Nurminen: Die Entdeckung der Arktis, Darmstadt 2010.