Die rechtliche Regelung der Mutterschaft im deutschen Recht ist von einem einfachen Konzept geprägt: Mutter eines Kindes ist „die Frau, die es geboren hat“ (§ 1591 BGB). Besonders deutlich zeigt sich die geschlechterdifferente Konstruktion von Elternschaft immer dann, wenn Kinder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft aufwachsen und die Partner*innen eine gemeinsame Elternschaft anstreben. In dem Seminar werden wir den Vermittlungszusammenhängen zwischen Kindesfürsorge und Geschlecht im Rahmen des Aushandlungsprozesses zu Elternschaft bzw. der individuellen Gestaltung von Elternschaft lesbischer Paare analysieren. Wir untersuchen den Einfluss rechtlicher Regelungen – wie die in Leitlinien der Bundes- oder Landesärztekammern formulierten Verbote des Zugangs lesbischer Frauen zu medizinisch assistierter Reproduktion – auf subjektive Entscheidungen im Zuge der Familiengründung. Auch wenn die formale Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare mit der „Ehe für Alle“ entschieden wurde, steht eine Reform des Abstammungsrechts noch aus. In diesem Zusammenhang gehen wir in dem Seminar den folgenden Fragen nach: Wie wirkt sich der Umstand, dass die Geburtsmutter rechtlich einen anderen Status hat als die „Co – Mutter“ auf die Entscheidung darüber aus, wer das Kind austragen soll? Wie wird die Kindesfürsorge bei gleichgeschlechtlichen Paaren aufgeteilt? Welche Rolle spielen rechtliche Rahmenbedingungen für die Arrangements zur Arbeitsteilung? Hat die Geburt und der Zugang zu Elternschaft einen Einfluss auf die Arrangements zur Arbeitsteilung? Rechtliche Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, Voraussetzung für die Teilnahme an dem Seminar ist jedoch gemeinsam mit Kommiliton*innen ein eigenständiges qualitatives Interview durchzuführen und in Frage kommende Paare hierfür zu kontaktieren.
Es wird angestrebt, die Ergebnisse der Interviews in einem Sammelband zu veröffentlichen und den Studierenden so erste Erfahrungen im Publizieren zu ermöglichen
Termine des Seminars:
Jeweils Raum 002, Institut für Sozialwissenschaften (Universitätsstr. 3b), Humboldt-Universität zu Berlin
1. Blockveranstaltung 04.05, 16-19 Uhr, 05.04.2018, 10-16 Uhr Rechtliche Rahmenbedingungen lesbischer Elternschaft 2. Blockveranstaltung 01.06.2018,16-19 Uhr, 02.06.2018, 10-16 Uhr Vorbereitung der Paarinterviews 3. Blockveranstaltung 20.07.2018, 16-19 Uhr, 21.07.2018, 10-16 Uhr Gemeinsame Interpretation der Interviews
Kontakt:
Dr. Lisa Yashodhara Haller hallerl@uni-hildesheim.de
Theresa Richarz richarz@uni-hildesheim.de
Literatur:
Funcke, Dorett / Thorn, Petra (Hrsg.): Die gleichgeschlechtliche Familie mit Kindern, Interdisziplinäre Beiträge zu einer neuen Lebensform, 2010;
Wapler, Friederike: Wahlverwandtschaften, Gutachten für die Heinrich-Böll-Stiftung, 2016, online abrufbar: https://www.boell.de/sites/default/files/wahlverwandschaften-friederike-wapler-2016-e-paper.pdf;
Goldberg, Abbie E.: „Doing“ and „Undoing“ Gende. The Meaning and Division of Housework in Same-Sex Couples. Journal of Family Theory & Review 5, June 2013: 85-104;
Wimbauer, Christina/ Motakef, Mona: Das Paarinterview. Methodologie – Methode – Methodenpraxis, 2017.
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