Kommentar |
Was sich im wirtschaftlichen Kontext unter dem Begriff des Crowdsourcing in der letzten Dekade etabliert hat, das bekannteste Beispiel ist Amazon Mechanical Turk, findet auch in der wissenschaftlichen Forschung zunehmend Anwendung. Crowdsourcing bedeutet allgemein die webbasierte Delegation von standardisierbaren Aufgaben an geographisch verteilte Individuen. Für Unternehmen wird das Outsourcen bestimmter Teilaufgaben an die Crowd mit Effizienzgewinnen verbunden. Für den unternehmensexternen Crowdworker stellt sich dagegen ein Prekaritätsproblem, da die Tätigkeiten zumeist nur gering entlohnt werden und auch ansonsten keine Arbeitnehmerrechte geltend gemacht werden können. Demgegenüber handelt es sich bei Crowd Science um eine Freiwilligenarbeit, die analog zum Ehrenamt im sozialen Bereich zur Unterstützung der Erkenntnisproduktion in der Wissenschaft dienen soll. Digitale Infrastrukturen ermöglichen auch hier die Verteilung von Arbeit an eine anonyme Crowd. Im Kontext von Citizen Science einerseits und Big Data andererseits, erfährt Crowdsourcing in der Wissenschaft eine zunehmende Verbreitung. Gerade in datenintensiven Forschungsbereichen entsteht ein Bedarf an der Mitwirkung möglichst vieler im Sinne einer virtual workforce, vorrangig in den Bereichen der Datenerhebung und/oder Datenauswertung.
Im Seminar wollen wir uns mit der Praxis von Crowd Science kritisch auseinandersetzen. Ausgehend von organisationssoziologischen, innovationstheoretischen und wissenschaftssoziologischen Ansätzen ist das Ziel, die Möglichkeiten und Grenzen von Crowdsourcing für wissenschaftliche Zwecke an konkreten Beispielen aus unterschiedlichen Forschungsfeldern genauer auszuloten. |
Literatur |
Literatur zur Einführung
Dickel, Sascha; Franzen, Martina (2015): Digitale Inklusion: Zur sozialen Öffnung des Wissenschaftssystems. Zeitschrift für Soziologie 44 (5), S. 330-347.
Howe, Jeff (2006): The Rise of Crowdsourcing. Wired Magazine 6, 1-4.
Franzoni, Chiara; Sauermann, Henry (2014): Crowd science. The organization of scientific research in open collaborative projects. In: Research Policy 43 (1), S. 1–20. |