Kommentar |
Sehen und gesehen werden, beobachten, wegschauen, sichtbar machen – Sichtbarkeit spielt auf vielfältige Weise eine entscheidende Rolle in sozialen Prozessen. Dabei geht es um mehr als um eine Reduktion des Sichtbaren auf das Optische und visuelle Stimuli. Vielmehr geht es bei Sichtbarkeit als sozialer Kategorie um die Frage, wie und worauf Aufmerksamkeit gerichtet wird und welche gesellschaftlichen Konsequenzen daraus resultieren. Zu denken ist hier an Fragen wechselseitiger Anerkennung, wodurch Sichtbarkeit zu einem wichtigen Gut im Kampf um gesellschaftliche Akzeptanz und politische Rechte wird. Diskussionen um die Unsichtbarkeit der Regierenden versus eine totale Durchleuchtung der Regierten verweisen auf den Einfluss von Sichtbarkeitskonstellationen auf politische Machtverhältnisse, die sich in Form von Überwachung, Transparenz oder disziplinierender Kontrolle niederschlagen. Doch kann Sichtbarkeit nicht nur das Mittel zum Zweck sondern auch selbst das angestrebte Ziel sein. Die Zunahme von Bewertungsverfahren von Castingshows bis hin zum wissenschaftlichen Peer Review, durch die Sichtbarkeit geschaffen und das Besondere prämiert wird, verdeutlicht, dass das Herausragen aus der Masse zum entscheidenden Kriterium in der Verteilung von Ressourcen geworden ist.
In dem Seminar wollen wir uns erstens mit unterschiedlichen theoretischen Ansätzen zur Konzeption von Sichtbarkeit als soziale Kategorie auseinandersetzen und zweitens nach bestehenden Sichtbarkeitskonstellationen und ihren Wirkungsweisen fragen, welche die aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse (insbesondere auch im Wissenschaftssystem) maßgeblich beeinflussen und mitbestimmen. |