Kommentar |
Der Ausdruck ‚reflexive Prosa‘ stellt keine feste literaturwissenschaftliche Kategorie dar und gehört vielmehr zum Sprachgebrauch der Literaturkritik. Dennoch lassen sich in jeder Literatur Prosatexte finden, die aufgrund bestimmter Merkmale unter einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können.
Zu diesen Charakteristika gehört zunächst die Zentralität eines Ich-Erzählers, der in einem reflektierenden, kontemplativen und monologischen Erzählduktus allgemeinmenschliche Fragen aufwirft, denen eine philosophische oder gar existenzielle Valenz zugesprochen werden kann. Handlungen und Ereignisse rücken dabei stark in den Hintergrund, sodass die Leser*innen vornehmlich mit Gedanken konfrontiert werden.
In diesem Seminar werfen wir zunächst die Frage nach der literaturwissenschaftlichen Produktivität einer (noch) nicht etablierten Bezeichnung auf. Zudem lesen wir eine Auswahl an ‚reflexiver Prosa‘ aus verschiedenen Literaturen. Dazu gehören Texte von Thomas Bernhard, Andrzej Stasiuk, Ingeborg Bachmann, Bora Ćosić, Bruno Schulz, Fëdor Dostojevskij, Milan Kundera, Andrej Platonov und Meša Selimović. |