Kommentar |
Der Friede, schreibt Virginia Woolf am 21. November 1918 in ihrem Tagebuch, ist „wie ein Stein in meinen Tümpel gefallen, & die Wirbel schwirren noch aus bis ans ferne Ufer.“ Diese Betrachtung, die sich die britische Schriftstellerin unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkriegs notiert, wirft Fragen auf, die – hundert Jahre später – immer noch aktuell sind: Was bedeutete das Kriegsende für die europäischen Literaturen? Wie lässt sich Krieg erzählen, darstellen, ästhetisch verarbeiten? Schlagen sich die extremen Gewalt- und Kriegserfahrungen in die Poetik der Nachkriegstexte nieder? Diesen Fragen werden wir im Seminar anhand von Textbeispielen aus den westslawischen Literaturen nachgehen; im Zentrum der Diskussion stehen literarische Reaktionen und Reflexionen auf das Kriegsende in Ostmitteleuropa. Die Lektürearbeit (an Texten von Karel Čapek, Jaroslav Hašek, Zofia Nałkowska, Joseph Roth, Richard Weiner, Józef Wittlin) orientiert sich dabei an folgenden thematischen Schwerpunkten: literary nodes of political time, Krieg und Erzählung, Krieg der Emotionen (Triumph und Trauer, Euphorie und Melancholie, Angst, Elend, Entfremdung), Gewalt und Raumzertrümmerung, Trauma und Erinnerung, Massen und Maschinen, Habsburger Mythos, Utopien und Dystopien. Die zu diskutierenden Textauszüge liegen auch übersetzt vor und werden in moodle zur Verfügung gestellt. |