Kommentar |
Die Mona Lisa, Das letzte Abendmahl, Die Geburt der Venus, Die Sixtinische Madonna ... - bis heute prägen europäische Meisterwerke der Kunst das kulturelle Gedächtnis und befeuern auch eine Auseinandersetzung in der Literatur, die von der Kunstbeschreibung in der Reiseliteratur über Gemäldegedichte bis hin zu Thrillern wie Dan Browns Da Vinci Code reichen. Die literarische Perspektivierung auf das kulturell gesetzte Meisterwerk der Kunst ist dabei zeitbestimmenden Diskursen unterworfen, die das Bild in je eigene Kontexte und Wissenshorizonte rückt: literarische Inanspruchnahmen von bekannten Gemälden zeigen sich in epigonaler Verklärung, im Wettstreit zwischen Text und Bild oder der Überführung in die Karikatur. Gleichzeitig nobilitiert sich ein Text mittels der konkreten Referenz auf ein Bild auf besondere Weise. So werden mit dem Bildzitat zum einen gängige Topoi aufgerufen, zum anderen immer wieder neue Blicke auf Meisterwerke geworfen. Alte Meister - Malerei in Literatur lautet der Titel eines Themenhefts der Zeitschrift für Germanistik, das ich zusammen mit Alexander Kosenina 2017 herausgeben durfte. Ausgehend von den grundsätzlichen Überlegungen, die zu diesem Band führten, und der umfänglichen Korpuserschließung von Kunstzitaten in literarischen Texten, die Konstanze Fliedl 2011 mit ihrem Handbuch und dem dazugehörigen Datenbankprojekt (http://www.univie.ac.at/bildzitat/start.html) vorgelegt hat, sollen im Seminar anhand gemeinsam ausgewählter, exemplarischer Fallstudien - vornehmlich aus der Literatur des 20. Jahrhunderts - die konkreten Wechselfälle von Kunst in Literatur erarbeitet werden; gedacht ist an Textzeugen wie Georg Heyms Mona Lisa, Thomas Bernhards Alte Meister oder auch Jan Wagners 2014 veröffentlichtes Bild-Gedicht Nach Canaletto, der zu einem Seminargespräch eingeladen ist. Zum Auftakt des Semesters ist zur Einstimmung ein gemeinsamer Besuch in der Berliner Gemäldegalerie geplant. |