Gespaltene Gesellschaften. Europäische Kulturkämpfe im 19. Jahrhundert - Detailseite

Lange Zeit wurde dieser Begriff in Deutschland exklusiv für die Konfliktperiode nach der Reichsgründung 1871 verwandt und entsprechend der zeitgenössischen Diktion für die Auseinandersetzung zwischen Bismarck und der katholischen Kirche benutzt. „Kulturkampf“ wurde damit konfessionalistisch aufgeladen und damit gewissermaßen als eine deutsche Spezialität betrachtet. Erst die transnationale Öffnung der Geschichtswissenschaft hat den Blick dafür geöffnet, dass zu dieser Zeit eine europaweite Auseinandersetzung im Gang war, die mit dem Verhältnis von liberalem Staat und religiöser Bindung zu tun hatte und damit ein Grundproblem aller modernen Gesellschaften ansprach, das heute wieder überraschend aktuell geworden ist. Die Übung möchte dieser Auseinandersetzung auf einer politischen, mantal- wie alltagsgeschichtlichen Ebene hinterherspüren und dabei die Vielfalt der europäischen Erfahrungen in den Blick nehmen, bei gewisser Konzentration auf den deutschen Paradefall.

Christopher Clark u. Wolfram Kaiser (Hg.): Kulturkampf in Europa im 19. Jahrhundert, Leipzig 2003.