Kommentar |
Dieses Seminar ist einem der bedeutsamsten und faszinierendsten Werke der griechischen Literatur der klassischen Zeit gewidmet, nämlich dem „Peloponnesischen Krieg“ des Thukydides. Sein bis heute Maßstäbe setzendes Werk hinterließ Thukydides zwar unvollendet, doch begründete er in methodischer Hinsicht erst damit eine dem Geist neutraler Wahrheitssuche durchgängig verpflichtete Geschichtsschreibung, die einem objektiv-wissenschaftlichen Anspruch genügen will und die sich als „ein Besitztum für immer“ anbietet. Für Thukydides’ Auffassung der geschichtlichen Wirkkräfte bedeutsam sind insbesondere seine Annahmen über die Natur des Menschen und die Motive menschlichen Handelns, die auch die politischen Verhältnisse grundlegend beeinflussen. Von solchen Annahmen ausgehend verfasst Thukydides sein Werk nicht nur als einen Bericht über „Fakten“ und „Ereignisse“, sondern auch als eine tiefgründige und höchst originelle Analyse über die menschliche Natur, die in engem Verhältnis zu ähnlichen im gleichen Zeitraum im tragischen und medizinischen Bereich geführten Untersuchungen steht. Ein weiterer besonders auffälliger Aspekt des Werkes des Thukydides betrifft die Funktion der Rhetorik in der Geschichtsschreibung und im allgemeineren die Funktion des Wortes und der Überredungskunst als Kraft, die auf die Natur der Menschen und die Psychologie der Völker direkt einwirkt. Im Seminar werden wir ausgewählte Stellen betrachten und einige der auffälligsten Themen, die von der Lektüre dieses Werkes hervorgerufen werden, behandeln.
Textgrundlage: Historiae, hrsg. von Henry Stuart Jones, mit Korrekturen von John Enoch Powell, 2 Bände, Oxford: Clarendon Press 1942 u. 1963; Der Peloponnesische Krieg, hrsg. und übers. von Georg Peter Landmann, Düsseldorf, Zürich: Artemis und Winkler 2002. Kommentar: Simon Hornblower, A Commentary on Thucydides. 3 Bände, Oxford 1991–2008. Literatur: Simon Hornblower, Thucydidean Themes, Oxford/New York: Oxford University Press 2010; Hartmut Leppin, Thukydides und die Verfassung der Polis. Ein Beitrag zur politischen Ideengeschichte des fünften Jahrhunderts vor Christus, Berlin 1999; Klaus Meister, Thukydides als Vorbild der Historiker. Von der Antike bis zur Gegenwart, Paderborn: Ferdinand Schöningh 2013; Antonios Rengakos, Antonis Tsakmakis (Hrsg.), Brill’s Companion to Thucydides. Brill, Leiden u. a. 2006. |