Der Wahlkampf-Sommer 2017 wird in neuer Intensität und Qualität vom Meinungsaustausch und Meinungskampf im Internet geprägt werden. Das forschungsorientierte Seminar setzt sich live und kritisch mit diesen Entwicklungen auseinander und hinterfragt die diskursiven Praktiken privater Akteure (also nicht professioneller Politiker*innen und Meinungsmacher*innen) auf Twitter, Facebook & Co nach ihren emotionalen Implikationen. Es wird vor allem über die in den öffentlichen Debatten unter dem Label des Post-Faktischen firmierenden Prozesse gehen. Das Konzept des Post-Faktischen reflektieren wir kritisch und verstehen es nicht als einen Prozess der ‚populistischen‘ Unterwanderung der Prinzipien gesellschaftspolitischen Dialogs, sondern wir verstehen es mit Hilfe der ethnografischen Emotionsforschung als ein Geflecht aus Emotionspraktiken, die einen zurückhaltend-faktenbasierten politischen Diskurs aus sehr unterschiedlichen Gründen zugunsten oftmals aggressiv artikulierter gefühlter Wahrheiten verschieben. Dadurch möchten wir ein besseres Verständnis dafür gewinnen, welche Relevanzen gesellschaftspolitisches Wissen für die beteiligten Alltagsakteure hat und wie sie an dessen Zirkulation und Gestaltung teilhaben.
Die Lektüre im Seminar besteht aus Grundlagentexten zu medienethnografischen und emotionspraxistheoretischen Ansätzen, ergänzt um einzelne Texte aus dem Feld der politischen Anthropologie. Der Schwerpunkt liegt aber auf eigenen Online-Forschungen, der Durchführung von Chat-Interviews mit Akteuren, der teambasierten softwaregestützten Auswertung des gesammelten Materials und der gemeinsamen Diskussion darüber.
Bitte gleich zur ersten Sitzung nach Möglichkeit Laptop oder Tablet (mit Internetzugang über Eduroam) für Forschungsübungen mitbringen.
Findet im Rahmen des normalen Lehrprogrammes am Institut für Europäische Ethnologie statt, ÜWP Studierende können zusätzlich teilnehmen.
Die Veranstaltung findet am Institut für Europäische Ethnologie, Mohrenstraße 41, Raum 312 statt.