Kommentar |
Der starke Zuzug in die deutschen Großstädte und Metropolen sowie die damit zusammenhängende Wohnraumverknappung und –verteuerung bestimmen seit einigen Jahren den Diskurs in Stadtforschung und -politik. Und auch für die Zukunft lautete die Nachricht: der Ansturm auf die Städte geht weiter. Doch die absurde Preisspirale kann sich in Zukunft als schwerwiegender Standortnachteil erweisen, wenn sich neben marginalisierten Gruppen auch Haushalte der Mittelschicht keine angemessene Wohnung mehr in innerstädtischen Standorten leisten können. Daneben verbrauchen die zum Abfangen dieser Entwicklungen eingesetzte Nachverdichtung und der Wohnungsneubau innerstädtische Brachflächen und Freiräume. Eine Stadt, in der alle Möglichkeitsräume erschöpft sind, lässt keinen Platz für Kreatives, Subversives, Ideen. Das Urbane wird kommodifiziert; weniger kommerzielle Zwischenräume verschwinden, die Stadt hängt am Haken von Investoren und Eigentümern. Doch nur eine Stadt mit Nischen und Spielräumen ist offen für Menschen mit Ideen.
Was wenn die Wohnungsfrage so unerwartet verschwindet, wie sie aufgetaucht ist? Warum glauben Planende und Entscheidende vor einem solchen Kurswechsel sicher zu sein? Warum glauben wir, dass der Run auf die Städte unendlich sein wird? Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin haben bereits im Jahr 2014 mehr Deutsche die sieben größten Städte des Landes verlassen, als neu hinzugezogen sind. Vorläufige Zahlen für Berlin, München und Köln bestätigen den Trend auch für das vergangene Jahr. Auch häufen sich in den letzten Wochen und Monaten Nachrichten, die den Boom auf Berlin, sowohl in Bezug auf neue Bewohner*innen, Investoren in der Bauwirtschaft und im Tourismus für beendet erklären.
In diesem Q-Tutorium soll der Frage nachgegangen werden, ob und in welchem Umfang bereits Absichten in der Bevölkerung zu beobachten sind, aufgrund des anhaltenden Wohnungsdrucks und den damit einhergehenden Auswirkungen auf den eigenen Alltag aus stark wachsenden Städten und Stadtregionen abzuwandern. Nach einer kurzen Analyse statistischer Daten ausgewählter deutscher Großstädte soll sich bei den Erhebungen auf Berlin fokussiert werden und Ursachen und Beweggründe für den (möglichen) Wegzug aus Berlin abgefragt und ausgewertet werden. |