Kommentar |
Moskau war (bis auf die Zeit von 1721 bis 1918, als es diese Rolle an St. Petersburg abgeben musste) das politische Zentrum des russischen Reiches, später der Sowjetunion, und ist jetzt Hauptstadt der Russischen Föderation. Die Stadt war und ist in dieser Funktion Zentrum und Drehpunkt innerrussischer politischer und kultureller Debatten und Entwicklungen. Zugleich wurden und werden dort Impulse, die aus unterschiedlichen kulturellen und geografischen Richtungen kamen und kommen, in einer spezifischen Weise Transformationsprozessen unterzogen. In diesem sich immer wieder neu formierenden Spannungsfeld entwickelte die Stadt ein nicht selten weit über die Grenzen des Reiches bzw. Staates hinausreichendes Selbstverständnis und Sendungsbewusstsein, das auch auf die Stadt selbst zurückwirkte. Moskau zeigt sich so als eine Stadt, in der sich Traditionen, Modernität, Ansprüche und Veränderungsdruck in einem permanenten, hochdynamischen Aushandlungsprozess befanden und befinden. Das Seminar möchte dieser Entwicklung über die Jahrhunderte hinweg nachgehen. Es fragt danach, wie die besondere Rolle der Stadt, die Dynamik ihrer Entwicklung und das Selbstverständnis ihrer Bewohner räumlichen, baulichen und künstlerischen Ausdruck – einschließlich visueller Imaginationen – gefunden haben. Das Seminar ist in einem engen Verbund mit der Vorlesung „Russland und/in Europa“ konzipiert. Während in der Vorlesung die russische Kunst und ihre Entwicklung in einen weiteren, über Russland hinausgehenden Kontext gesetzt werden, nimmt das Seminar die umgekehrte Perspektive ein und verfolgt die Entwicklung und die Spezifik der russischen Kunst, der Architektur und der Stadtentwicklung in ihrer Dynamik vor Ort. Es dient in dieser Weise zugleich der Vorbereitung der Exkursion nach Moskau, die für den September geplant ist.
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