Die historische Soziolinguistik ist ein Teilgebiet der historischen Linguistik und berücksichtigt bei der Rekonstruktion von historischen Sprachzuständen und ihren Wandelprozessen insbesondere soziale/gesellschaftliche Faktoren. Ihr Anliegen ist es, der sprachlichen Wirklichkeit historischer Epochen möglichst nahe zu kommen und Wandelprozesse auf der Grundlage soziolinguistischer Kriterien zu interpretieren. Mit diesem Ansatz hebt sich die historische Soziolinguistik von einer vornehmlich sprachsystematisch arbeitenden Sprachgeschichte ab, die sprachliche Variation und ihre sozialen Faktoren oftmals nur am Rande in die Überlegungen des Sprachwandels einbezieht (vgl. Ernst/Elspaß 2011).
In unserem Seminar werden wir uns zunächst den Grundlagen der historischen Soziolinguistik widmen und in der Folge einzelne sprachliche Phänomene behandeln. Diese werden aus einem historisch-soziolinguistischen Blickwinkel betrachtet. Hierbei kann es z. B. um die Entstehung und Interpretation von Dialektgrenzen gehen, um die Stigmatisierung bestimmter grammatischer Konstruktionen (weswegen ist z. B. die ‚tun’-Periphrase [ich tu schreiben] im heutigen Standarddeutsch stigmatisiert?) oder um die soziolinguistischen Grundlagen historischer Varietäten/Stile (z. B. Sondersprachen, jugendsprachliche Stile). |